Frau mit Niqab in Kopenhagen, Dänemark © Foto: Elin Tabitha on Unsplash

Verhüllungsverbotsintiative – Schweizerischer Rat der Religionen ist dagegen

Bern/Schweiz | 27.01.2021 | APD | Schweiz

Der Schweizerische Rat der Religionen (Swiss Council of Religions SCR), ist eine nationale Diskussionsplattform von Religionsvertretern. Es gehören ihm Personen der christlichen, jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften der Schweiz an. Der Rat lehnt die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ab. Diese SCR-Stellungnahme gegen das geplante Verhüllungsverbot, zu dem eine Volksabstimmung am 7. März stattfindet, sei im Rat der Religionen einstimmig gefallen. Deren Stellungnahmen sind jedoch für die von den Ratsmitgliedern vertretenen Religionsgemeinschaften samt deren Mitglieder nicht verbindlich.

Die in der Volksinitiative vorgeschlagene Gesetzesänderung würde sich laut dem Rat vor allem gegen eine kleine Gruppe muslimischer Frauen richten, - gemäss Tages-Anzeiger tragen 30 Frauen in der Schweiz einen Niqab -, die damit in einen doppelten Konflikt gerieten: einer religiösen Forderung zur Verhüllung und dem entgegengesetzten staatlichen Zwang zur Enthüllung.

Rat der Religionen für indirekten Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament
Der Schweizerische Rat der Religionen stelle sich gegen eine unverhältnismässige Einschränkung der Religionsfreiheit und setze sich für «einen respektvollen Umgang mit Anhängerinnen und Anhängern der Religionsgemeinschaften ein», heisst es in der Medienmitteilung. Der Rat begrüsse statt der Initiative den indirekten Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament, der die Enthüllung nur für Identifikationszwecke durch die staatlichen Behörden vorsieht.

Verhüllungsverbot trägt nicht zu einem friedlichen Miteinander bei
«Als Repräsentantinnen und Repräsentanten der grössten Schweizer Religionsgemeinschaften wollen wir heute zusammenstehen und zeigen, dass ein Verhüllungsverbot nichts für ein friedliches Miteinander in unserem Land beitragen kann», sagte einleitend SCR-Präsident Harald Rein, Bischof der Christkatholischen Kirche in der Schweiz.

Einzige Frau im Rat der Religionen will Gesprächspartner beim Wort nehmen
«Als einzige Frau im Rat der Religionen werde ich unsere Gesprächspartner beim Wort nehmen und beobachten, ob sie die freie Entscheidung der Frauen in ihren Organisationen tatsächlich auch fördern und garantieren», sagt Rita Famos, Präsidentin des Rats der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz EKS.

Zusätzliche evangelisch-reformierte Argumente gegen Verhüllungsverbot
Der Rat der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz EKS unterstützt die Stellungnahme des Schweizerischen Rates der Religionen gegen die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot», und brachte am 26. Januar zusätzlich «evangelisch-reformierte Blickpunkte in die öffentliche Debatte» ein. Der Rat der EKS teile mit dem Rat der Religionen «die Skepsis betreffend die Verhältnismässigkeit der angestrebten Gesetzesänderung» und hebt zusätzlich «demokratische, freiheitsrechtliche und Gleichstellungsaspekte» hervor.

Demokratische Aspekte
«Die Teilnahme an Öffentlichkeit und Demokratie beruht auf dem gleichen Recht einer jeden Person, zu sehen und gesehen, zu hören und gehört zu werden», schreibt die EKS. Dies entspreche dem evangelischen Menschenbild. Und: «Die unverwechselbare, öffentliche und unverhüllte Teilhabe einer jeden Person am gesellschaftlichen Leben kann aber generell nicht erzwungen werden.» Die Reformation habe wesentlich zum Selbstverständnis der heutigen liberalen Demokratie beigetragen, so, die EKS.

Aspekte der Gleichbehandlung der Geschlechter und Freiwilligkeit
«Die Beweggründe für eine Verschleierung, ob religiöse Überzeugung oder Zwang, lassen sich nicht auf den ersten Blick erkennen. Eine Enthüllung, die angeordnet ist, befreit die betroffenen Frauen nicht, sie muss vielmehr aus freien Stücken erfolgen können», schreibt die EKS.

Eine Gesetzesänderung auf Verfassungsebene trage zu keiner Lösung bei. Aus Sicht des Rates EKS müssen Grundrechte aktiv gelebt, gesellschaftlich ausgehandelt und eingefordert werden. Die persönlichen Freiheitsrechte würden erst dort enden, wo Staat und Gesellschaft als Ganzes bedroht seien.

Stellungnahme des Schweizerischen Rates der Religionen zur Verhüllungsverbotsinitiative:
https://www.ratderreligionen.ch/wp-content/uploads/SCR-Stellungnahme_Verhuellungsverbotsinitiative.pdf

EKS-Medienmitteilung zur Verhüllungsverbotsinitiative:
https://mailchi.mp/evref/medienmitteilung_rat-eks-argumente-gegen-ein-verhuellungsverbot?e=97c07e3247

(3806 Zeichen)
© Nachrichtenagentur APD Basel (Schweiz) und Ostfildern (Deutschland). Kostenlose Textnutzung nur unter der Bedingung der eindeutigen Quellenangabe "APD". Das © Copyright an den Agenturtexten verbleibt auch nach ihrer Veröffentlichung bei der Nachrichtenagentur APD. APD® ist die rechtlich geschützte Abkürzung des Adventistischen Pressedienstes.