Stellungnahmen christlicher Organisationen zur Ecopop-Initiative

Zürich/Schweiz | 06.11.2014 | APD | Schweiz

Die am 30. November in der Schweiz zur Abstimmung stehende Volksinitiative „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ (ECOPOP) will durch Begrenzung der Zuwanderung das Bevölkerungswachstum in der Schweiz stoppen sowie die Lebensqualität bewahren. Zudem soll mittels freiwilliger Familienplanung den Menschen in Entwicklungsländern geholfen und gleichzeitig die globale Belastung der Erde reduziert werden. Die ECOPOP-Initiative wird von vielen christlichen Organisationen zur Ablehnung empfohlen.

SEK: Ecopop - Scheinantwort auf falsch gestellte Frage
Für den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund SEK gibt die Ecopop-Initiative eine Scheinantwort auf eine falsch gestellte Frage. Eine starre Politik sei nicht zielführend und mit dem christlichen Verständnis von Heimat unvereinbar. Der SEK gibt fünf Gründe zur Ablehnung der Initiative an: 1. „Heimat ist ein Geschenk Gottes, kein Besitz.“ Die starre Kontrolle der Einwanderung, wie sie Ecopop vorschlage, diene vor allem dazu, die Privilegien einiger zu erhalten. 2. „Abschottung bewahrt nicht die Schöpfung“ – um die Erde zu schützen, müssten die Schweizer zuerst ihren eigenen Ressourcenverbrauch senken. 3. „Entwicklungszusammenarbeit ist mehr als Geburtenratenbegrenzung.“ Es sei nicht zielführend, zehn Prozent der Entwicklungsgelder für die Senkung der Geburtenrate einzusetzen. Entwicklungszusammenarbeit bedeute Armutsbekämpfung, Förderung von Bildung, und wirtschaftlicher Selbständigkeit. 4 „Wer nach aussen abschottet, spaltet nach innen.“ Abschottung gegen aussen beeinflusse die Fähigkeit, andere Menschen zu akzeptieren und setze den Zusammenhalt aufs Spiel. 5. „Die Ecopop-Initiative gefährdet den Schutz der Menschenwürde.“ Sie schränke die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention unzulässig ein. Die Wahrung der Menschenrechte sei für die Kirchen aber nicht verhandelbar.
Download des Flyers mit den fünf Botschaften des Kirchenbundes unter:
http://www.kirchenbund.ch/de/publikationen/positionen-und-argumentarien/heimat-ist-geschenk

oeku: Ecopop-Initiative – hält nicht, was sie verspricht
Er setze sich wie die Initianten für die Sicherung der Lebensgrundlagen, - eine verantwortliche Umwelt-, Klima- und Energiepolitik sowie eine zukunftsfähige Raumplanung - ein, schreibt der Verein „oeku Kirche und Umwelt“ in einer Stellungnahme zur Ecopop-Initiative. Dem Verein gehören rund 600 Kirchgemeinden, kirchliche Organisationen und Einzelpersonen an. Er wird von der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) sowie dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) als Beratungsorgan für ökologische Fragen anerkannt.

Nach eingehender Prüfung der Anliegen komme oeku zum Schluss, „dass die Initiative nicht hält, was sie verspricht, dass sie grundlegenden ethischen Ansprüchen widerspricht und dass eine Annahme der Initiative die Schweiz ins Abseits manövrieren würde“. Die Schweiz habe die Grenze der Nachhaltigkeit schon seit langem überschritten. Dies liege nicht primär am Bevölkerungswachstum, sondern an den massiv gestiegenen Ansprüchen und Konsumgewohnheiten. Andere Menschen ausschliesslich als ökologische Belastung zu sehen oder ihnen vorwiegend Verhütungsmittel zu empfehlen, bedeute im Grunde, „ihnen die Existenzberechtigung abzusprechen“.

Brot für alle: Ecopop - verkehrt herum gedacht
Wir teilen das Anliegen, die Erde lebenswert zu erhalten, schreibt die evangelische Entwicklungsorganisation in ihrer ablehnenden Stellungnahme zur Ecopop-Initiative. Nicht die Zahl der Menschen, sondern ihr Ressourcenverbrauch sei entscheidend für die Umweltbelastung. Die acht Millionen Einwohner der Schweiz verbrauchten so viel wie die 850 Millionen, welche in den ärmsten Ländern lebten.

Bei der Geburtenkontrolle anzusetzen sei falsch, so Brot für alle. Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit zeigten, dass nicht Kondome und von aussen diktierte Familienplanung, sondern Förderung der Selbstbestimmung von Frauen durch Bildung, Einkommen und Rechte die Kinderzahl verringerten.

HEKS: Ecopop – auf der ganzen Linie ein Flop
Die Forderungen der Ecopop-Initiative sind unsinnig, schreibt das evangelische Hilfswerk auf seiner Website. Sie schade der Wirtschaft in der Schweiz und gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt. „In den armen Ländern des Südens fehlt es nicht an Verhütungsmitteln, sondern an Gesundheitsversorgung, Bildung und Einkommen.“ Die Stellung der Frauen und ihr Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung müssten gefördert werden. Ecopop wolle Schweizer Entwicklungsgelder an die Familienplanung binden – obwohl nicht fehlende Familienplanung, sondern Armut und mangelhafte Bildung die Hauptursachen für kinderreiche Familien in den Ländern des Südens seien. „Ecopop ist auf der ganzen Linie ein Flop“, so Heks.

Schweizer Bischofskonferenz: Ecopop – falscher Weg
An ihrer Versammlung in Givisiez (FR) hat die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) die Ecopop-Initiative als „nicht geeignet“ bezeichnet. „Mit isolierter Zuwanderungsbeschränkung und einseitiger Familienplanung wählt die Ecopop-Initiative einen falschen Weg“. Das Bild vom Menschen und der Gesellschaft, das in der Abstimmungsvorlage in Erscheinung trete, widerspreche „dem christlichen Menschenbild und der katholischen Soziallehre“. Die beste Grundlage für eine nachhaltige und menschenwürdige Entwicklung biete eine Gesellschaftsordnung, welche den Prinzipien der Subsidiarität, Solidarität, Personalität und Partizipation entspreche.

Justitia et Pax: ECOPOP-Initiative – ethisch unhaltbar und sachlich unangemessen
Globaler Ressourcenverbrauch und einseitige Wachstumsorientierung der Wirtschaft seien ernst zu nehmende Probleme schreibt die Schweizer Nationalkommission Justitia et Pax, das sozialethische Fachgremium der Schweizer Bischofskonferenz in einer Medienmitteilung. Die Initiative wolle Bevölkerungswachstum, Ressourcenverbrauch und Familienplanung in armen Ländern miteinander verknüpfen. Ebenso ernst zu nehmen seien die Fragen existenzieller und wirtschaftlicher Zukunftsperspektiven von Familien in armen Ländern, so Justitia et Pax. Die von der Initiative vorgeschlagenen Lösungswege seien unangemessen und würden keine Lösung für die angesprochenen Fragen bieten. Aus christlich-ethischer Sicht sei der Initiative vor allem entgegenzuhalten, dass nachhaltige und den gesamten Menschen betreffende Entwicklung immer alle Aspekte menschlichen Lebens umfassen müsse und nicht nur die Zahl der Kinder in den Mittelpunkt stellen dürfe. ECOPOP stelle einseitig Schweizer Interessen in den Vordergrund, indem sie den Ressourcenverbrauch und die Wachstumsorientierung in der Schweiz nicht in den Blick nehme. „Damit ist sie nicht nur ethisch unhaltbar, sondern auch sachlich unangemessen.“

Caritas: Ecopop - Bevölkerungspolitik auf Irrwegen
Caritas, das Hilfswerk der katholischen Kirche, schreibt in einem Positionspapier zur Ecopop-Initiative, dass diese „weder zur Lösung der demografischen und migrationspolitischen Herausforderungen der Schweiz“ beitrage, noch einer menschenwürdigen Armutsbekämpfung in den ärmsten Entwicklungsländern diene. Es ginge vielmehr darum, den Ressourcenverschleiss in der Schweiz zu bremsen, an der Personenfreizügigkeit festzuhalten und gleichzeitig das inländische Potenzial durch bessere berufliche Rahmenbedingungen optimal zu nutzen. Entwicklungspolitisch untergrabe die Initiative die Anstrengungen der Entwicklungszusammenarbeit für Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung, indem sie zur Senkung des Bevölkerungswachstums in den ärmsten Ländern Afrikas zehn Prozent der Entwicklungsgelder auf freiwillige Familienplanung lenken wolle. Wichtig wäre es aber laut Caritas, gezielt in Bildung, Gesundheit und Beschäftigung zu investieren und Familienplanung dort ergänzend einzusetzen, wo dies dringend nötig sei.

Fastenopfer: Ecopop - Nein zu einer Scheinlösung
Für Patrick Renz, Direktor von Fastenopfer, Hilfswerk der Katholikinnen und Katholiken, wäre die Annahme der Initiative ein fataler Rückschritt. „Wer die Geburtenrate in einem Land senken will, braucht keine kollektive Familienplanung. Es reicht, die Lebensbedingungen umfassend zu verbessern“, so Renz. Wenn die Initiative vorschlage, zehn Prozent der Schweizer Entwicklungshilfe in Beratungsstellen für Familienplanung zu investieren, greife sie zu kurz. „Mit einem überholten Ansatz wird versucht, der Überbevölkerung entgegenzuwirken“, das sei aber keine wirksame Familienplanung, sondern eine Scheinlösung.

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