Vom 11. bis 17. Oktober fand in Chambesy bei Genf die 5. Panorthodoxe Konferenz zur Vorbereitung des Panorthodoxen Konzils, das zu Pfingsten 2016 stattfinden soll, statt. Es ging mit einer weitgehenden, aber nicht vollständigen Einigung aller orthodoxen Kirchen zu Ende. Die Schatten der innerorthodoxen Auseinandersetzungen waren spürbar.
In einem vom serbisch-orthodoxen Patriarchat veröffentlichten Abschlusskommunique heisst es, die Vertreter "aller orthodoxen autokephalen Kirchen" hätten die endgültige Fassung der bereits 2009 bei der 4. Panorthodoxen Konferenz ausgearbeiteten Vorlage über "Die Autokephalie (Selbständigkeit) von Kirchen und die Art und Weise ihrer Proklamation" sowie die beiden Vorlagen über das Verhältnis der Orthodoxie zu den anderen christlichen Kirchen und über die Bedeutung des Fastens akzeptiert.
Laut CBS KULTUR INFO sind die beiden letzteren Vorlagen bei der 2. bzw. bei der 3. Panorthodoxen Konferenz (in den Jahren 1982 bzw. 1986) erstmals erstellt und bei den drei Sitzungen des interorthodoxen Ad hoc-Komitees zur Vorbereitung des Panorthodoxen Konzils in den Jahren 2014/2015 überarbeitet worden.
Moskauer Patriarchat und Kirche von Georgien unterzeichneten dritte Vorlage nicht
Eine dritte Vorlage aus dieser Serie über "Die Mission der orthodoxen Kirche in der Welt von heute" (ursprünglich 1986 unter dem Titel "Der Beitrag der orthodoxen Kirche zur Förderung von Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit, Geschwisterlichkeit und Liebe zwischen den Völkern und zur Überwindung von rassischer und sonstiger Diskriminierung" entwickelt) fand keine allgemeine Zustimmung. Die Vertreter des Moskauer Patriarchats und der Kirche von Georgien hätten „nicht unterzeichnet“, so das Kommunique. Der Heilige Synod des Moskauer Patriarchats hatte bereits bei seiner Tagung im Juli festgestellt, dass das Dokument in der vorliegenden Form nicht akzeptabel sei, die – von Metropolit Hilarion (Alfejew) geleitete – russisch-orthodoxe Delegation wurde beauftragt, bei der 5. Panorthodoxen Konferenz „prinzipielle Änderungsvorschläge“ einzubringen. Derzeit ist unklar, wie es mit dieser Vorlage für das Konzil weitergehen soll, dessen Eröffnung zu Pfingsten nächsten Jahres, am 19. Juni 2016 vorgesehen ist. Bei der "Synaxis" (der Versammlung der Oberhäupter der orthodoxen Kirchen) im März 2014 in Konstantinopel war ausdrücklich vereinbart worden, dass sowohl in der Vorbereitungsphase als auch bei der Durchführung des Panorthodoxen Konzils das Konsens-Prinzip zu gelten hat.
5. Panorthodoxe Konferenz mit vielsprachigem Gottesdienst eröffnet
Die 5. Panorthodoxe Konferenz wurde zunächst vom emeritierten Metropoliten von Pergamon (Bergama), Ioannis (Zizioulas), geleitet; an den beiden letzten Tagen vom Pariser Metropoliten Emmanuel (Adamakis). Hauptzelebrant der Göttlichen Liturgie zum Konferenzauftakt war der zum Ökumenischen Patriarchat gehörende orthodoxe Metropolit für die Schweiz, Jeremias (Kaligiorgis), der auch Sekretär für die Vorbereitung des Panorthodoxen Konzils ist. Der vielsprachige Gottesdienst in griechischer, kirchenslawischer, arabischer, serbischer, tschechischer, albanischer, französischer und englischer Sprache brachte die übernationale Dimension der Orthodoxie zum Ausdruck.
Auseinandersetzungen um Katar und Ukraine überschatteten Vorbereitungen
Überschattet waren die Arbeiten der 5. Panorthodoxen Konferenz, welche eigentlich schon in der ersten Jahreshälfte 2015 hätte stattfinden sollen, von den Auseinandersetzungen um Katar und um die Ukraine. Das Fürstentum Katar gehört kirchlich zum kanonischen Territorium des Patriarchats von Antiochien. Die Einsetzung eines Metropoliten, der sich der vielen palästinensischen christlichen Immigranten in Katar annimmt, durch den Patriarchen von Jerusalem, hat zu einem heftigen Konflikt zwischen den Patriarchaten von Antiochien und Jerusalem geführt.
Besorgnis des Moskauer Patriarchats über „unkanonische Aktionen“ in der Ukraine
Metropolit Hilarion (Alfejew) übermittelte zunächst besonders herzlich gehaltene Glückwünsche des Moskauer Patriarchen an die 5. Panorthodoxe Konferenz. Kyrill I. erinnerte daran, dass die Arbeit der Konferenz der "Stärkung der kirchlichen Einheit" dienen solle. Die Diskussion der Entwürfe für das Panorthodoxe Konzil werde die Repräsentanten der orthodoxen Kirchen einander näher bringen, um "im Geist Jesu" einen Konsens zu erreichen. Zugleich betonte der Leiter des Aussenamts der russisch-orthodoxen Kirche die „tiefe Besorgnis” des Moskauer Patriarchats über „unkanonische Aktionen“ von Bischöfen aus der ukrainischen Emigration, die dem Ökumenischen Patriarchen unterstehen. Diese Bischöfe reisten in die Ukraine ohne den Primas der (autonomen) ukrainisch-orthodoxen Kirche zu verständigen, sie breiteten den „roten Teppich“ für „exkommunizierte und laisierte Priester“ aus, denen eine „autokephale“ ukrainische Kirche versprochen werde. Er appelliere an den Ökumenischen Patriarchen, diese für die „panorthodoxe Einheit“ zerstörerischen Vorgänge zu beurteilen und den beteiligten Bischöfen weitere Handlungen in dieser Richtung zu untersagen, so Metropolit Hilarion.
Die 1. Panorthodoxe Konferenz hatte bereits 1961 auf Rhodos stattgefunden. Damals hatte man auf Vorarbeiten für ein Panorthodoxes Konzil aufgebaut, die an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert im Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel – damals eine der bestorganisierten Ortskirchen Europas mit kapillarer Präsenz in Anatolien und Thrakien – in die Wege geleitet worden waren.