Kuba ist 2016 das Schwerpunktland des Weltgebetstags WGT der Frauen, der traditionell am ersten Freitag im März jeden Jahres stattfindet. Allein in Deutschland werden hunderttausende Menschen zu den von Frauen organisierten Gottesdiensten am 4. März erwartet. Seit das Treffen von Raúl Castro und Barack Obama die jahrzehntelange Eiszeit zwischen Kuba und den USA beendete, ist der Karibikstaat zurück im Fokus der Weltöffentlichkeit. Wie aber sehen kubanische Frauen ihr Land? Was sind ihre Sorgen und Hoffnungen angesichts politischer und gesellschaftlicher Umbrüche? Die Antworten darauf geben Christinnen aus Kuba mit ihrer Liturgie zum Weltgebetstag unter dem Titel „Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf“. Rund um den Globus wird der Weltgebetstag in ökumenischen Gottesdiensten gefeiert.
Kuba - ein Land im Wandel
Nach der Revolution von 1959 wurde Kuba ein sozialistischer Staat. Die daraufhin von den USA verhängte Blockade gilt als hauptverantwortlich für Versorgungsengpässe und Isolierung der Insel von der „westlichen Welt“. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Kuba seinen wichtigsten Handelspartner und durchlebte in den 1990er Jahren eine tiefe Krise. In den letzten Jahren wächst trotz Reformen die wirtschaftliche Ungleichheit. Das international anerkannte Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssystem ist gefährdet.
Menschenrechtsorganisationen wie „Amnesty International“ beklagen seit langem eine massive Einschränkung der Presse- und Versammlungsfreiheit. Dagegen gilt Kuba bezüglich der Frauenrechte international als Vorbild. Die Gleichstellung der Geschlechter ist in der Verfassung verankert. Im privaten Alltag jedoch klaffen Ideal und Wirklichkeit oft auseinander. Die meist berufstätigen Kubanerinnen sind häufig allein verantwortlich für Haushalt, Kinder und die Pflege Angehöriger. Die Folgen der gesellschaftlichen Umbrüche treffen sie besonders hart.
Offizielle Zahlen zur Religionszugehörigkeit auf Kuba gibt es nicht. Der Grossteil der rund 11,4 Millionen Einwohner ist römisch-katholisch. Eine wichtige Rolle im spirituellen Leben vieler Menschen spielt die afrokubanische Religion Santería. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung und Isolation ist Kuba seit 1992 ein laizistischer Staat mit mehr Spielräumen für die Kirchen.
Zusammenleben der Generationen als Herausforderung
An der Gestaltung der aus Kuba stammenden Gottesdienstordnung zum Weltgebetstag 2016 waren unter anderem baptistische, römisch-katholische, apostolische sowie Frauen der Heilsarmee, der Quäker und der Pfingstkirche Christi beteiligt. In ihrem zentralen Lesungstext aus der Bibel (Markus 10,13-16) lässt Jesus Kinder zu sich kommen und segnet sie. Ein gutes Zusammenleben aller Generationen begreifen die kubanischen Weltgebetstagsfrauen als Herausforderung. Das sei in Kuba hoch aktuell, denn viele junge Menschen würden auf der Suche nach neuen beruflichen und persönlichen Perspektiven dem Zusammenhalt der Familie keinen grossen Stellenwert mehr einräumen.
Verwendung der in der Schweiz gesammelten Weltgebetstagskollekte
Laut der Schweizer WGT-Webseite werden nach Abzug der Unkosten mit einem Teil der Kollekte „Projekte im jeweiligen Herkunftsland der Liturgie unterstützt, z.B. Initiativen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen und ihren Familien, Initiativen zur Existenzsicherung, Förderung und Erhaltung der Gesundheit von Frauen, Aus- und Weiterbildung von Mädchen und Frauen“. Die ausgewählten Projekte würden für die Dauer eines Jahres finanzielle unterstützt. Der Schweizerische Weltgebetstag beteilige sich an bereits bestehenden Projekten oder gewähre einen einmaligen Betrag als Starthilfe für ein neues Projekt.
Der in rund 170 Ländern stattfindende Weltgebetstag geht auf das Jahr 1887 in Nordamerika zurück und wird seit 1949 auch in Deutschland von evangelischen, katholischen, orthodoxen und freikirchlichen Frauen begangen.