10.01.2018/APD – Vor 70 Jahren wurde der Weltkirchenrat (Ökumenischer Rat der Kirchen, ÖRK) gegründet. Dem ÖRK gehören derzeit 348 evangelische, orthodoxe, anglikanische, altkatholische und altorientalische Kirchen an. Der Weltkirchenrat vertritt damit rund 500 Millionen Christen auf der ganzen Welt. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied, hält aber auf verschiedene Weisen engen Kontakt zum Weltkirchenrat, berichtete Kathpress, Katholische Presseagentur in Österreich.
In der Nieuwe Kerk von Amsterdam wurde am 23. August 1948 der Eröffnungsgottesdienst der ersten ÖRK-Vollversammlung abgehalten. Während die meisten der 147 Gründungsmitglieder europäische und nordamerikanische Kirchen waren, setzt sich die gegenwärtige Mitgliedschaft vorwiegend aus Kirchen in Afrika, Asien, der Karibik, Lateinamerika sowie dem Nahen und Mittleren Osten sowie dem pazifischen Raum zusammen.
Die römisch-katholische Kirche mit weltweit 1,27 Milliarden Kirchenmitgliedern ist kein Mitglied des Weltkirchenrats, hält aber enge Kontakte zu ihm und gehört einer der tragenden Säulen des ÖRK, der Kommission "Faith and Order" (Glaube und Kirchenverfassung), als Vollmitglied an. Seit 1965 gibt es auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Weltkirchenrats und des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten mit weltweit über 20 Millionen Kirchenmitgliedern ist kein Mitglied des Weltkirchenrats. Sie hat in Vergangenheit aber gelegentlich an Tagungen des ÖRK als „Berater“ teilgenommen.
Der Weltkirchenrat hat seinen Sitz in Genf. Höchstes Entscheidungsgremium ist die Vollversammlung, die ungefähr alle acht Jahre zusammentritt. Die zehnte und bisher letzte Vollversammlung fand 2013 in Busan/Korea statt. Zwischen den Vollversammlungen tagt jedes zweite Jahr der Zentralausschuss. ÖRK-Generalsekretär ist derzeit der norwegische lutherische Pastor Olav Fykse Tveit.
Historischen Wurzeln
Die historischen Wurzeln des Ökumenischen Rates der Kirchen liegen in den Studenten- und Laienbewegungen des 19. Jahrhunderts, der Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh und in einer Enzyklika des Patriarchen von Konstantinopel aus dem Jahr 1920, in der die Schaffung eines „Kirchenbundes" nach dem Vorbild des Völkerbundes vorgeschlagen wurde. Führende kirchliche Persönlichkeiten, die mehr als 100 Kirchen vertraten, beschlossen 1937/38, einen Ökumenischen Rat der Kirchen zu gründen, die Umsetzung dieses Beschlusses wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jedoch aufgeschoben. 1948 war es dann schliesslich soweit.
Ein wichtiges Datum für den Weltkirchenrat war der Beitritt der russisch-orthodoxen Kirche im Jahr 1961. Durch die Ost-West-Bindung kam dem ÖRK in der Zeit des Kalten Krieges eine international beachtete Vermittlerrolle zu. Auch der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika zog die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf den Weltkirchenrat.
Einführung des Konsensverfahrens
Zwischen den orthodoxen und den reformatorischen Kirchen kam es in den 1990er-Jahren zu Spannungen. Die Orthodoxen fühlten sich mit dem damaligen Mehrheitswahlsystem bei vielen Entscheidungen benachteiligt, da mehrheitlich protestantische Kirchen vertreten waren. Seit 2006 herrscht das Konsenssystem, das diesen Streitpunkt ausgeräumt hat.
Zum Wesen des Konsensverfahrens heisst es in den „Richtlinien für die Ordnung der Sitzungen des ÖRK“: „Konsens ist ein Verfahren, in dem die Übereinstimmung der Versammelten ohne Zuhilfenahme einer förmlichen Abstimmung gesucht wird. Konsens ist das Ergebnis eines aufrichtigen Dialogs, der von Respekt, gegenseitiger Unterstützung und Ermutigung getragen ist und in dem im Gebet danach getrachtet wird, Gottes Willen zu erkennen.“
Infos: www.oikoumene.org/de/