Nachdem der Dachverband Freikirchen.ch seit Anbeginn der Pandemie in Absprache mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Schutzkonzept entwickelt und laufend den neuen Begebenheiten angepasst hat, publizierte er eine Empfehlung bezüglich Covid-19-Impfung. Dafür hat der Dachverband ein ethisches Papier im Sinne einer Güterabwägung erarbeiten lassen und Empfehlungen von Ärztinnen und Ärzten eingeholt.
«Aus unserer Sicht wird dieser Prozess der Zulassung von Swissmedic und der Impfstrategie des BAG zuverlässig gemacht. Natürlich gibt es bei den Impfstoffen noch eine Reihe von offenen Fragen, vor allem in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Impfschutzes. Trotzdem empfehlen wir ausdrücklich, dass wir uns impfen lassen. Dies in der Hoffnung, diesen schrecklichen Ausnahmezustand so bald wie möglich zu beenden, viele Erkrankungen zu vermeiden und andere zu schützen», schreibt der Dachverband.
Entscheidung für oder gegen Impfung bleibt eine persönliche Wahl
Für die Güterabwägung seien Wirkung und Nebenwirkung der Impfung mit den Auswirkungen einer Covid19-Erkrankung auf die Waagschale gelegt worden. «Die Entscheidung, sich impfen zu lassen oder nicht, ist die Entscheidung jedes einzelnen und sollte in Absprache mit seinem Gesundheitsdienstleister getroffen werden», so der Dachverband Freikirchen.ch.
"Ethisches Papier" mit Güterabwägung aus ethischer und medizinischer Sicht
Als Basis für diesen Entscheid hat der sowohl in Molekularbiologie als auch in Theologie promovierte Dozent für Ethik am Theologischen Seminar St. Chrischona (tsc), Dr. phil. Dr. sc. nat. Beat Schweitzer, ein ethisches Papier für den Dachverband Freikirchen.ch ausgearbeitet. Sein Fazit: «Auf beiden Seiten der Waage liegen in dieser Güterabwägung offene Fragen, insbesondere nach den möglichen Langzeitfolgen einer Impfung oder einer Erkrankung. Vieles wissen wir aber bereits jetzt. Vergleicht man die möglichen Nebenwirkungen und die möglichen Folgen einer Erkrankung, dann neigt sich die Waage deutlich zu Gunsten einer Impfung.» Wenn dann noch mitbedacht werde, dass eine Impfung eine Entlastung des Gesundheitswesens bedeutet und im besten Fall auch andere Menschen vor einer Ansteckung schützt, dann sei das Urteil umso deutlicher. Beat Schweitzer: «In der Summe empfiehlt sich deshalb eine Impfung gegen das Corona-Virus.»
Stellungnahme von Ärztinnen und Ärzten
Als Ergänzung zum ethischen Papier hat der Dachverband Freikirchen.ch Stellungnahmen von Ärztinnen und Ärzten eingeholt. So sagt Dr. med. Rebekka Russenberger, Hausärztin und Präsidentin Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Ärztinnen und Ärzte der Schweiz (AGEAS): «Ich empfehle die Impfung nicht nur als Schutz für sich selber, sondern auch als solidarische Handlung andern gegenüber... Zweifel und Ängste im Zusammenhang mit der Pandemie und der neuen Impfung verstehe ich, möchte aber ermutigen zur Dankbarkeit – auch für wissenschaftliche Erkenntnisse und Fortschritte.»
Professor Rudolf P. Wüthrich, Klinikdirektor, Klinik für Nephrologie am Universitätsspital Zürich (USZ) und Vorsteher der Freikirche FEG Winterthur erklärt: «Tausende von Menschen wurden bereits getestet, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Corona-Impfprodukte zu gewährleisten... Die Impfung ist berechtigterweise freiwillig, aber wir sollten uns aus Rücksicht gegenüber unseren Mitmenschen und zu unserer eigenen Bewahrung vor der Erkrankung dazu entschliessen.»
Der Hausarzt und Mitglied der Freikirche GVC Winterthur, Dr. med. Matthias Günthard, kommentiert: «Als Hausarzt sehe ich unterdessen vermehrt auch junge Patientinnen und Patienten, die unter Langzeitfolgen einer Coronavirus-Infektion leiden, z.B. lang andauernder Erschöpfung. Ich bin überzeugt, dass die kommenden Impfungen ein Segen sein werden, damit schlimme Krankheitskomplikationen nicht mehr auftreten.»
Aufruf der adventistischen Weltkirchenleitung zu Immunisierung
«Angesichts des weltweiten Ausmasses der Pandemie, der Todesfälle, der Behinderungen und der Langzeitfolgen von COVID-19, die sich in allen Altersgruppen abzeichnen, ermutigen wir unsere Mitglieder, eine verantwortungsvolle Immunisierung und die Förderung und Ermöglichung der Entwicklung dessen, was gemeinhin als Herdenimmunität bezeichnet wird, in Betracht zu ziehen...», schreibt die adventistische Weltkirchenleitung in ihren Erläuterungen vom 18. Dezember 2020 zur Covid-19-Impfung. Und weiter: «Die Entscheidung, sich impfen zu lassen oder nicht, ist die Entscheidung jedes einzelnen und sollte in Absprache mit seinem Gesundheitsdienstleister getroffen werden.» Persönliche Recherche zu diesem Thema sei aber wichtig, heisst es in dem Schreiben der adventistischen Weltkirchenleitung vom 18. Dezember 2020.
Über Freikirchen Schweiz
Freikirchen.ch ist der Dachverband der Freikirchen und christlicher Gemeinschaften in der Schweiz. Er ist ein nationaler Kirchenverband mit 20 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, darunter auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Neben der Schweizer Bischofskonferenz und dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund versteht sich der Dachverband Freikirchen.ch als dritte Kraft der christlichen Kirchen in der Schweiz und als Sprachrohr für die gemeinsamen Anliegen der Freikirchen.