Die Migros-Delegiertenversammlung hat am 6. November in Zürich ihre Statuten geändert und damit den Weg frei gemacht, dass in den Migros-Filialen in Zukunft Alkohol verkauft werden kann. Diesen Entscheid muss aber jede der zehn regionalen Migros-Genossenschaften für ihren Bereich selbst fällen. Ein allfälliger Alkoholverkauf in den Migros-Filialen wäre laut SRF erst im Jahr 2024 möglich. Migros ist der einzige grosse Detailhändler in der Schweiz, der seit der Gründung 1925 in seinen Filialen keinen Alkohol verkauft.
Migros verkauft bereits jetzt Alkohol
In von der Migros betriebenen Golfklubs, in einzelnen Freizeitanlagen und im eigenen Internet-Shop wird bereits jetzt Alkohol verkauft. Dies ist ebenso in Migrol-Tankstellenshops der Fall, bei denen es sich aber nicht um Migros-Filialen handelt. Deren Pächter sind Partner der Migrol-Genossenschaft, einem autonomen Unternehmen der Migros-Gemeinschaft. Denner, das Tochterunternehmen der Migros, verkauft auch Alkohol.
Appell an regionale Migros-Genossenschaften: Alkoholverkauf nicht zulassen
Das Blaue Kreuz, christliche Organisation zur Selbsthilfe bei Suchtkrankheiten, reagierte auf den Entscheid der Migros-Delegierten mit Bedauern und Enttäuschung. Es appelliert an die zehn regionalen Migros-Genossenschaften, Verantwortung zu übernehmen und «an der bewährten Politik des Migros-Gründers Gottlieb Duttweiler festzuhalten». In den regionalen Genossenschaften müssten zwei Drittel der Genossenschafter und Genossenschafterinnen in der Schweiz dem Alkoholverkauf zustimmen, um diesen in den Filialen zu ermöglichen. 2,3 Millionen der 8,7 Millionen Einwohner in der Schweiz sind Migros Genossenschafter und Genossenschafterinnen.
«Menschen mit einem Alkoholproblem können heute noch bei Migros einkaufen, ohne mit Alkohol und Alkoholwerbung in Berührung zu kommen», schreibt die Suchthilfeorganisation in einer Medienmitteilung. «Trockene Alkoholiker sind ständig in Gefahr, in die alte Sucht zurückzufallen. Auch ein schwacher Auslöser kann einer zu viel sein.»
Fatale Entscheidung für Menschen mit Alkoholproblemen
Lilian Studer, Nationalrätin AG (EVP), schreibt auf Twitter zum Entscheid der Migros-Delegierten: «Duttweilers Philosophie war nicht nur Geld zu verdienen, sondern dem Gemeinwohl zu dienen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei das Verkaufsverbot der Migros von Alkohol. Für Menschen mit Alkoholproblemen ist der Vorentscheid zur Aufhebung fatal.»
Genossenschaften als Schutzwall gegen falsch verstandene Liberalisierung
«Duttweilers Botschaft ist aktuell und vorbildlich, und das nicht nur in Bezug auf Alkohol», sagt Philipp Hadorn, Präsident des Blauen Kreuzes Schweiz. «Jetzt sind die Migros-Genossenschaften der letzte Schutzwall gegen eine falsch verstandene Liberalisierung der Geschäftspraktiken bei der Migros.»
Adventisten vertreten Abstinenz in der Alkoholfrage
Die Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Siebenten-Tags-Adventisten hat 1990 in einer Erklärung zu «Gebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit von Substanzen» (Chemical Use, Abuse, and Dependency) bezüglich Temperenz, formuliert: «Völlige Enthaltsamkeit von dem, was schädlich ist, und umsichtiger sowie vernünftiger Gebrauch von dem, was gut ist.»
Die 22. von 28 Glaubensüberzeugungen der Adventisten trägt den Titel: «Christlicher Lebensstil». Dort steht unter anderem: «Neben ausreichender körperlicher Bewegung und Ruhe wollen wir uns so gesund wie möglich ernähren und uns der Speisen enthalten, die in der Heiligen Schrift als unrein bezeichnet werden. Weil wir uns nicht schaden wollen, enthalten wir uns auch alkoholischer Getränke, des Tabaks, jeglicher Drogen und lehnen den Missbrauch von Medikamenten ab.»
Zur 22. Glaubensüberzeugung der Siebenten-Tags-Adventisten:
https://www.adventisten.ch/wer-sind-wir/ueber-gott-glauben/28-glaubensueberzeugungen/22-christlicher-lebensstil/