Am 29. Dezember, nur wenige Tage vor der Auflösung der Regierung, hat der kasachische Präsident Tokayev eine Änderungsvorlage des bestehenden Religionsgesetzes unterzeichnet. Sollte es wie geplant am 9. Januar in Kraft treten, so wären religiöse Zusammenkünfte ausserhalb staatlich anerkannter Versammlungsorte künftig deutlich erschwert. Angesichts der aktuellen Krise im Land ist dies jedoch noch ungewiss. Die geplante Verschärfung bedrohe besonders kleinere Gemeinschaften, schreiben Open Doors, christliches Hilfswerk, und Forum 18, christliche Menschenrechtsorganisation in Norwegen. Nicht registrierte Hauskirchen können sich demnach schon seit 2011 nur noch heimlich treffen.
Hohe Hürden für Gottesdienste ausserhalb offizieller Kirchengebäude
Während die Welt die Proteste auf den Strassen beobachtet hat und auf den Einmarsch ausländischer Truppen unter russischer Führung achtet, sind Christen und andere religiöse Minderheiten im Land von anderer Seite bedroht, so Open Doors. Die geplante Verschärfung der existierenden Religionsgesetze sehe eine Genehmigungspflicht für jede Art von Veranstaltung mit religiösem Charakter ausserhalb dafür registrierter Räumlichkeiten vor. Konkret bedeute dies, dass mindestens zehn Arbeitstage im Voraus eine Genehmigung für derartige Veranstaltungen bei den örtlichen Verwaltungen einzuholen sowie genaue und ausführliche Angaben zu der geplanten Veranstaltung zu machen seien. Dazu gehörten: das Datum, die Anfangs- und Endzeit, die Art, wie Teilnehmer anreisen, die Verwendung von Lautsprechern und die Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge sowie deren Fahrtroute.
Die Umsetzung dieser sehr detaillierten Auflagen würde Veranstalter vor enorme Hürden stellen. Problematisch sei dies besonders für religiöse Gemeinschaften, die über kein eigenes Kirchengebäude verfügten, sondern sich in privaten Räumen treffen würden. Es werde auch befürchtet, dass ebenso Gottesdienste registrierter Gruppen in gemieteten Räumlichkeiten unter die neue Regelung fallen könnten. Nach Einschätzung eines für die Region zuständigen Mitarbeiters von Open Doors sind von den geplanten Verschärfungen vor allem die zahlreichen nicht registrierten Hauskirchen betroffen. Obwohl sie aufgrund der 2011 eingeführten Religionsgesetze bereits jetzt als illegale Gruppierungen gelten, würden die geplanten Neuerungen ihre Lage weiter verschärfen.
Seit Jahren vermehrt Überwachung, Razzien und Festnahmen
Die Religionsgesetze haben seit ihrem Inkrafttreten zu empfindlichen Einschränkungen der Religionsfreiheit in Kasachstan geführt schreiben Open Doors und Forum 18. Seitdem komme es verstärkt zur Überwachung von Veranstaltungen, Razzien und Festnahmen von Christen. Zahlreiche christliche Gemeinden würden sich deshalb bereits jetzt heimlich treffen.
Kasachstan, mit 18,77 Millionen Bewohnern beherbergt mit 4,85 Millionen Christen von allen Ländern Zentralasiens die grösste Anzahl von Christen. Die meisten von ihnen gehören zur russischen Minderheit im Norden des Landes und sind Teil der Russisch-Orthodoxen Kirche. Diese ist als registrierte Gemeinschaft von den Einschränkungen der Religionsfreiheit bislang weniger stark betroffen. Der Grossteil der übrigen Bevölkerung Kasachstans sind Muslime, die allerdings in der Regel lediglich islamischen Traditionen folgen und sich nicht strikt an alle muslimischen Lehren halten.
Auf dem Weltverfolgungsindex 2021 steht Kasachstan an 41. Stelle der Länder, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Zum Weltverfolgungsindex 2021:
https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/kasachstan?pk_campaign=NA&pk_kwd=20220107