© Advent-Verlag, Lüneburg / Covergestaltung: Büro Friedland/Hamburg

Adventistische Kirchenzeitschrift thematisiert sexuelle Gewalt

Lüneburg/Deutschland | 12.09.2022 | APD | International

Die Septemberausgabe der Kirchenzeitschrift Adventisten heute befasst sich im Titelthema mit Sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen im kirchlichen Kontext. Denn dies ist nicht nur ein Thema der grossen Kirchen, sondern sie findet auch in freikirchlichen Gemeinden statt – auch in adventistischen Kirchengemeinden. Sie sollten jedoch ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche sein, so heisst es im Editorial der Ausgabe.

Derzeit führe der adventistische Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“ etwa 40 laufende Akten, so dessen Leiter, der Jurist Oliver Gall, in einem Interview in der aktuellen Ausgabe von "Adventisten heute". „Hinter jedem Aktenzeichen steht ein Mensch, der Missbrauch erdulden musste.“ Er geht unter Einbeziehung der allgemein anerkannten Dunkelziffer (etwa das 10–15-fache der bekannt gewordenen Fälle) davon aus, dass „eine von 30 Personen, die unsere Gottesdienste besuchen, Opfer von sexueller Gewalt ist.“ In vielen Fällen seien auch Täter und/oder Angehörige Teil der Kirchengemeinde.

Nicht wegsehen
Wer einen Verdacht habe, dass sexueller Missbrauch in einer adventistischen Kirchengemeinde vorgefallen sei, solle „nicht wegsehen, keine unbegründete Ehrfurcht vor Ämtern oder Personen haben, sondern sich Hilfe holen und Notizen über die Beobachtungen anfertigen.“ Damit könne man sich an den Fachbeirat wenden (per E-Mail unter missbrauch@adventisten.de oder unter der gebührenfreien Telefonnummer 0800 5015007).

Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“ der Adventisten
In Deutschland hat die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten seit Dezember 2009 Richtlinien und einen „Verhaltenskodex“ für alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/-innen beschlossen. Im Juni 2010 wurde durch die Freikirche der unabhängige Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“ berufen, der sich einerseits um die Erstellung von Materialien kümmert und andererseits in konkreten Fällen angesprochen wird, diese entsprechend seiner ihm übertragenen Kompetenz aufzuarbeiten. Weitere Infos unter http://sexueller-gewalt-begegnen.de/.

Adventisten in der Deutschschweiz
Die Adventisten in der Deutschschweiz sind im Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“ in Deutschland durch Heidi Albisser vertreten und haben die Handreichungen für Haupt- und Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendarbeit auf Schweizer Verhältnisse angepasst. Diese können bei der Kirchenleitung nachgefragt werden: 044 315 65 00.

Handreichung für Haupt- und Ehrenamtliche
Der Fachbeirat hat vor einigen Jahren eine Handreichung für Haupt- und Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendarbeit mit dem Titel Sexueller Gewalt begegnen herausgegeben. Sie ist in deutscher, englischer und russischer Sprache erhältlich. Das Heft beginnt nach einer Einführung in das Thema samt Begriffserklärung sowie Elementen, Formen und Folgen sexueller Gewalt. Kurz beschrieben wird die Vorgehensweise von Tätern, gefolgt von einem Bericht einer Betroffenen. Sieben mögliche Szenen sexueller Gewalt verdeutlichen die Thematik. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit juristischen Aspekten des sexuellen Missbrauchs an Kindern. Anschliessend gibt es Hinweise für das Verhalten in adventistischen Gemeinden und Gruppen gegenüber Betroffenen sowie möglichen Tätern und Täterinnen. Die Broschüre schliesst mit weiterführenden Hinweisen und Adressen sowie dem erwähnten „Verhaltenskodex zur Prävention sexueller Gewalt“ für Ehren- und Hauptamtliche in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Neue Arbeitshilfe für die Erarbeitung von Schutzkonzepten für adventistische Kirchengemeinden
Ein wesentlicher Aspekt der Prävention sexueller Gewalt sei ein Schutzkonzept, so Ruben Grieco (Leiter der adventistischen Jugendarbeit) und Jochen Härdter (Leiter des Religionspädagogischen Instituts der Freikirche - RPI) in einem Artikel in der gleichen Ausgabe. Bei einem solchen Konzept gehe es darum, wie Kinder und Jugendliche wirksam vor sexueller Gewalt geschützt und wie ihnen sichere Orte geboten werden könnten. Ein Schutzkonzept sei die Antwort auf die Frage: „Was muss geschehen, damit nichts geschieht?“ Deshalb seit es erforderlich, sich mit relevanten Themen des Kinder- und Jugendschutzes auseinanderzusetzen und sie zu reflektieren. Dazu gehören z. B. diese Fragen: Welche Strategien verfolgen Täter, um sexuellen Missbrauch zu verüben? Welche Gegebenheiten könnte ein Täter in unserer Kirchengemeinde oder Gruppe ausnutzen? An wen kann ich mich im Falle eines Verdachts wenden? Wie gehe ich wertschätzend, respektvoll und achtsam mit Mädchen und Jungen in meiner Gruppe um?

Die neue Arbeitshilfe "Schützen & begleiten" sei ein praktischer Leitfaden, um ein Schutzkonzept passgenau für die eigene Gruppe oder Gemeinde auszuarbeiten. Darin werden konkrete Schritte beschrieben, wie ein Schutzkonzept entwickelt werden kann. Schützen & begleiten wurde gemeinsam von dem adventistischen Jugendverband (Adventjugend), dem RPI und dem Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“ erarbeitet. Die 60 Seiten umfassende Broschüre kann unter schutzkonzept-adventisten.de kostenfrei heruntergeladen werden. Auf dieser Website gibt es weitere Dokumente und unterstützende Informationen zur Erstellung eines Schutzkonzeptes.

Die Septemberausgabe von Adventisten heute gibt es als kostenfreies pdf zum Download unter https://advent-verlag.de/zeitschriften/adventisten-heute/aheu-september-22-sexueller-gewalt-begegnen
Zum gleichen Thema wird im Oktober auch ein Buch im Advent-Verlag, Lüneburg, erscheinen.

(5105 Zeichen)
© Nachrichtenagentur APD Basel (Schweiz) und Ostfildern (Deutschland). Kostenlose Textnutzung nur unter der Bedingung der eindeutigen Quellenangabe "APD". Das © Copyright an den Agenturtexten verbleibt auch nach ihrer Veröffentlichung bei der Nachrichtenagentur APD. APD® ist die rechtlich geschützte Abkürzung des Adventistischen Pressedienstes.