Mykhailo Yavorsky, ein 40-jähriger Christ aus Iwano-Frankiwsk im Südwesten der Ukraine, will Berufung gegen eine einjährige Haftstrafe einlegen, die ihm am 6. April wegen Verweigerung der Mobilisierung aus Gewissensgründen auferlegt wurde. Sollte er seine geplante Berufung verlieren, muss er ins Gefängnis. «Ich werde keine Waffen tragen und keine Uniform anziehen, da ich niemanden töten kann», sagte Yaworski gegenüber der norwegischen Menschenrechtsorganisation Forum 18. «Sie haben mir keinen alternativen Dienst angeboten. Niemand hat mich gefragt, was ich glaube.»
Haftstrafen
Mykhailo Yavorsky sei der zweite bekannte Kriegsdienstverweigerer, der in der Ukraine seit der erneuten Invasion Russlands zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden ist, obwohl er um einen zivilen Ersatzdienst gebeten hatte, schreibt Forum 18. Er habe erklärt, dass er seinen Fall notfalls bis vor den Obersten Gerichtshof bringen werde. Das ukrainische Verteidigungsministerium verweise darauf, dass der in Friedenszeiten erlaubte begrenzte Ersatzdienst in Kriegszeiten nicht zugelassen werde.
Am 23. Februar 2023 nahm laut der Menschenrechtsorganisation die ukrainische Polizei in Iwano-Frankiwsk den 46-jährigen christlichen Kriegsdienstverweigerer Vitaly Alekseenko in Haft, um seine einjährige Haftstrafe anzutreten. Seine Bitten, einen Zivildienst zu leisten, seien ignoriert worden. Er verbüsst seine Strafe in einem Gefängnis in Kolomyia bei Iwano-Frankiwsk. Alekseenko hat bereits eine weitere Kassationsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof in Kiew eingelegt. Eine Anhörung wurde für den 25. Mai angesetzt. Der Oberste Gerichtshof hat es abgelehnt, seine Strafe auszusetzen, während er seine Kassationsbeschwerde prüft.
Bewährungsstrafen
Am 3. Februar wurde der evangelische Christ Hennady Tomniuk zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er die Mobilisierung aus Gewissensgründen verweigert hatte. Seit dem erneuten Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 haben ukrainische Gerichte laut Forum 18 mindestens fünf weitere Kriegsdienstverweigerer zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Bemühungen, den Zugang zu zivilem Ersatzdienst zu erweitern, sind gescheitert
Viktor Yelensky, Leiter des staatlichen Dienstes für ethnische Politik und Gewissensfreiheit, sagt, er habe darauf gedrängt, den Zugang zum Zivildienst für Kriegsdienstverweigerer zu erweitern. «Alle meine Bemühungen wurden abgelehnt», sagte er am 3. Mai in Kiew gegenüber Forum 18. «Es ist wirklich nicht einfach, dieses Ziel zu erreichen, wenn wir so schwere Verluste im Kampf haben.» Yelensky habe auch angemerkt, dass er nicht in der Lage gewesen sei, das Recht auf zivilen Ersatzdienst in Friedenszeiten auf alle Kriegsdienstverweigerer auszudehnen und nicht nur auf die Mitglieder von zehn anerkannten Religionsgemeinschaften. «Aber ich kann die Gesetzgeber und die Militärs nicht überzeugen», so Yelensky.
Ziviler Ersatzdienst in Friedenszeiten nur für Mitglieder von zehn als pazifistisch anerkannten Religionsgemeinschaften
Nach einem Erlass des Ministerkabinetts vom 10. November 1999 durften in Friedenszeiten nur Männer, die zehn, vom Staat als pazifistisch anerkannten Religionsgemeinschaften angehörten, zivilen Ersatzdienst leisten.
Diese Gemeinschaften sind: Reformadventisten; Siebenten-Tags-Adventisten; Evangelikale Christen; Evangelikale Christen-Baptisten; "Die Büsser" oder Slawische Kirche des Heiligen Geistes; Zeugen Jehovas; Charismatische Christliche Kirchen (und mit ihnen satzungsgemäss verbundene Kirchen); Union der Christen evangelischen Glaubens - Pfingstler (und mit ihnen satzungsgemäss verbundene Kirchen); Christen evangelischen Glaubens; Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein.
Männer, die keiner dieser zehn Religionsgemeinschaften angehörten, konnten sich nicht für den zivilen Ersatzdienst bewerben.
Schwere Menschenrechtsverletzungen in von Russland besetzten Gebieten der Ukraine
In Gebieten der Ukraine, die von Russland besetzt wurden, komme es zu „schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen wie jene der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, einschliesslich (Stand Mai 2022) der illegalen Einberufung von über 3.000 Ukrainern in die russischen Streitkräfte“, schreibt die Menschenrechtsorganisation.