Nadja Thalmann (li.), Pastorin der BewegungPlus Winterthur; Tabea Inäbnit, Pfarrerin im Evang. Gemeinschaftswerk Konolfingen. © Bilder: Freikirchen.ch

Immer mehr Pastorinnen in Freikirchen

Pfäffikon, ZH/Schweiz | 26.09.2023 | APD | Freikirchen

Während in der römisch-katholischen Kirche beim synodalen Weg die Frauenfrage zurzeit ganz oben auf der Prioritätenliste stehe, könnten die evangelisch-reformierten Kirchen auf über 100 Jahre Ordination von Pfarrerinnen zurückblicken, schreibt der Dachverband Freikirchen.ch. Auch bei einzelnen Freikirchen gebe es Pastorinnen teilweise schon seit über 260 Jahren, jetzt führten aber immer mehr Freikirchenverbände die Ordination von Frauen ein. Seit der Jahrtausendwende sei eine deutliche Zunahme von Pastorinnen, Leiterinnen und Dozentinnen festzustellen, so der Dachverband.

Evangelisch-reformierte Kirche in der Schweiz ordinierte 1918 Pfarrerinnen
Am 27. Oktober 1918 waren in der evangelisch-reformierten Kirche St. Peter in Zürich Rosa Gutknecht und Elise Pfister durch den Zürcher Kirchenrat «zum geistlichen Amt» ordiniert worden. Noch nie zuvor hatte eine Landeskirche in Europa Frauen zum Pfarrdienst zugelassen. Angestellt wurden Rosa Gutknecht und Elise Pfister in Zürich aber für weniger Lohn und nur als Pfarrhelferinnen. Die Theologinnen konnten nicht automatisch wie die Männer auf ordentliche Pfarrstellen gewählt werden, sondern mussten bis zur Gleichstellung auf gemeindeeigenen Pfarrstellen amten. Seither sind bei den Schweizer Reformierten Frauen im Pfarramt präsent. Allerdings wurden sie erst in den 1960er-Jahren durch kantonale oder kirchliche Volksabstimmungen mit den Pfarrern gleichgestellt.

In der römisch-katholischen Kirche ist jedes geweihte Amt seit 1024 auf Männer beschränkt. Der Versuch einer Frauenordination führt zu einer automatischen Exkommunikation. Die Zulassung der Frauen zum gesamten sakramentalen Amt will aktuell der synodale Weg ändern, so der Dachverband.ch.

Freikirchliche Pastorinnen seit 1761
Bei den Freikirchen geht die Förderung der Frauen weiter zurück: «Eigentlich war es die evangelikale Bewegung, in der erstmals im Protestantismus Frauen zu Wort und auf die Kanzel kamen», erklärt Prof. Dr. Thorsten Dietz in seinem Buch «Menschen mit Mission - eine Landkarte der evangelikalen Welt» (2022).

Herrnhuter Brüdergemeinde
Ein Vorreiter war die Herrnhuter Brüdergemeinde, der von Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf gegründeten internationalen Kirche in Deutschland: Diese hat schon im 18. Jahrhundert Priesterinnen, Presbyterinnen und Diakoninnen ordiniert.

Methodistische Kirche
Auch in den meisten methodistischen Kirchen können Frauen jedes Amt übernehmen. John Wesley gewährte 1761 als Gründer der methodistischen Bewegung Sarah Crosby als ersten Frau die Lizenz zum Predigen.

Heilsarmee
Die Heilsarmee hat seit ihren Anfängen Männern und Frauen den gleichen Platz eingeräumt. Dies ist unter anderem dem methodistischen Erbe und dem Engagement von Catherine Booth zu verdanken. Sie schrieb ein Buch, in dem sie die Position der Heilsarmee verteidigte. Ihr Predigtdebüt gab sie im Januar 1860. Seither haben Frauen das Recht zu predigen und konnten von Anfang an auch Verantwortung für Gemeinden oder Institutionen tragen. Evangeline Booth war die erste weibliche Generalin (1934-1939) der Heilsarmee. Heute sind in der Schweiz mehrere junge Offizierinnen als Pastorin verantwortlich.

BewegungPlus
Ein weiteres Beispiel der Ordination von Frauen in Schweizer Freikirchen ist die BewegungPlus: An der Leiterkonferenz 2002 wurde beschlossen, dass der Leiterschaftsdienst in den Gemeinden fortan auch den Frauen offensteht. Es ist nicht eine Frage ob Mann oder Frau, sondern eine Frage der Berufung, Begabung und der Führung durch den Heiligen Geist.

Viva Kirche (vormals Chrischona)
Bei der Chrischona (heute Viva Kirche) hat der aktuelle Präsident Christian Haslebacher 2016 mit seiner Masterarbeit und dem Buch «Yes, she can!» den Weg geebnet, dass Frauen sämtliche Aufgaben innerhalb der Kirche offenstehen.

Schweizerische Pfingstmission
Bei der der Schweizerischen Pfingstmission (SPM) sagten vor zwei Jahren 92 Prozent der Teilnehmenden an der Generalversammlung Ja zur Frauenordination.

Adventisten
Gegenwärtig sind in der Schweiz bei den Adventisten ausschliesslich Männer im Pastorendienst tätig.

Am 8. Juli 2015 hatten die Delegierten der adventistischen Weltsynode (Generalkonferenz-Vollversammlung) in San Antonio/USA, als oberstes Gremium der Freikirche, mit 1.381 gegen 977 Stimmen den Vorschlag abgelehnt, den weltweit dreizehn teilkontinentalen Kirchenleitungen (Divisionen) die Kompetenz zu erteilen, selbst zu entscheiden, ob sie in ihrem Verwaltungsgebiet Frauen zum Pastorendienst ordinieren. Adventistische Frauen sind vor allem in westlich geprägten Regionen der Welt schon seit Jahrzehnten zum Dienst als Pastorinnen zugelassen. Die Zulassung von Frauen als ordinierte Pastorinnen hingegen ist innerhalb der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten umstritten.

Trotz des Beschlusses der Weltsynode von 2015 haben überregionale adventistische Kirchenleitungen (Unionen) beschlossen, die Ordination für Frauen zu ermöglichen bzw. haben Frauen zum Pastorendienst ordiniert, so in: China, Deutschland, Niederlande, Slowakei, Tschechien, USA. Norwegen und Schweden fassten alternative Beschlüsse und werden keine Pastoren mehr ordinieren. Die Adventisten in Dänemark wollen nur noch die Bezeichnung „Pastor/Pastorin“ verwenden ohne zwischen „gesegnet“ oder „ordiniert“ zu unterscheiden.

Adventistische Frauen können nach der Entscheidung der Weltsynode von 2015 zwar weiterhin nach ihrem mehrjährigen Theologiestudium in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten als Pastorinnen „gesegnet“ und damit beauftragt werden, Amtshandlungen, wie Taufe, Abendmahl, Trauung und Beerdigung, vorzunehmen; doch ist diese Vollmacht örtlich begrenzt. Während die Ordination von Pastoren innerhalb der Freikirche weltweit Gültigkeit hat, dürfen gesegnete Pastorinnen nur in den Gebieten wirken, die zu einer Kirchenleitung gehören, welche die Segnung auch praktiziert. Ordiniert zum weltweiten Dienst werden lediglich männliche Geistliche. Nur sie dürfen in kirchenleitende Ämter, etwa als Präsident einer „Vereinigung“ oder eines „Verbandes“ beziehungsweise einer „Union“ (regionale beziehungsweise überregionale Kirchenleitung), berufen werden, da hierfür die Ordination notwendig ist.

Insgesamt erlauben beim Dachverband Freikirchen.ch heute über die Hälfte der 20 Mitgliedkirchen die Frauenordination. Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten arbeitet im Dachverband.ch im Beobachterstatus mit.

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