Sommersession Nationalrat, 27. Mai 2024. Foto: © Parlamentsdienste

Stiftung Sucht Schweiz: Das Parlament schützt die Tabakindustrie statt die Jugend

Lausanne/Schweiz | 30.05.2024 | APD | Schweiz

Zum Welttag ohne Tabak, am 31. Mai, schreibt die Stiftung Sucht Schweiz in einer Medienmitteilung: «Das Parlament schützt die Takakindustrie statt die Jugend». Der Einfluss der Tabakindustrie und der Schutz der Jugend hänge zusammen. Gemäss dem globalen Tabakindustrie-Lobby-Index (GTIII) mischt sich die Tabakindustrie weltweit nur in Bosnien-Herzegowina stärker in die Tabakpolitik ein als in der Schweiz. Es erstaune deshalb nicht, dass die Schweiz in der aktuellen Rangliste zur Tabakpolitik der europäischen Länder auf dem zweitletzten Rang liege, beim Schutz der Kinder und Jugendlichen vor dem Tabakmarketing gar auf dem letzten, so Sucht Schweiz.

Das nationale Parlament leiste sogar Widerstand gegen die Umsetzung der am 13. Februar 2022 durch die Schweizer Stimmberechtigten angenommenen Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)». Sucht Schweiz fordert, diese Einmischung zu stoppen und endlich die Kinder zu schützen.

Welttag ohne Tabak für die Schweiz hochaktuell
Zum Welttag ohne Tabak vom 31. Mai zeigt die Stiftung Sucht Schweiz auf, dass das Thema des Welttages gerade in der Schweiz hochaktuell ist. Die Schweiz ist eines der letzten Länder der Welt, welches das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakgebrauchs noch nicht ratifiziert hat, hierzu wären deutlich mehr Einschränkungen der Tabakwerbung nötig. Dies sei der starken Stellung der grössten Tabakkonzerne und dem für Lobbying extrem durchlässigen politischen System geschuldet, schreibt Sucht Schweiz.

Grosse Tabakkonzerne mit starkem Lobbying
Drei der weltgrössten Tabakkonzerne haben wichtige oder gar Hauptsitze in der Schweiz und stecken grosse Ressourcen ins Lobbying im Parlament und in der Verwaltung. Rund 30 Mitglieder des nationalen Parlaments haben meist indirekte und einige auch direkte Verbindungen zur Tabakindustrie. Die Lobbyaktivitäten erfolgten heute zum grossen Teil über Verbände (z.B. Gewerbeverband) oder die Economiesuisse, wo die Tabakindustrie eine starke Stellung hat und Netzwerke unterhält, so der Fachverband. Weiter würden Parteien mit grosszügigen Spenden eingedeckt, die FDP und SVP hätten zum Beispiel für den Wahlkampf 2023 je 35.000 Franken erhalten. «Solche Spenden schaffen (moralische) Abhängigkeit», schreibt Sucht Schweiz.

Einmischung der Tabakindustrie stoppen und die Kinder endlich schützen
Demnach habe die Tabakindustrie nur ihre eigene Gewinnmaximierung zum Ziel und wehre sich gegen Einschränkungen, die Jugendlichen anzuwerben. Denn nach 21 Jahren fange kaum mehr jemand mit dem Nikotinkonsum an.

Solche Partikularinteressen sollten aber keine Legitimation im Gesetzgebungsprozess haben, wenn sie auf Kosten der öffentlichen Gesundheit gehen und dem Willen der Bevölkerung widersprächen, schreibt die Stiftung.

Tania Severin, Direktorin der Stiftung Sucht Schweiz fordert: „Der Einfluss der Tabakindustrie auf die Gesundheitspolitik muss zurückgedrängt werden, indem sie von Vernehmlassungen ausgeschlossen wird, wie es in den meisten Ländern längst üblich ist.“

Auch Treffen von Behördenmitgliedern mit dieser Industrie müssten untersagt oder zumindest für die Öffentlichkeit protokolliert werden. «Spenden an Parteien und politische Persönlichkeiten sind nicht mehr tolerierbar, wie im Übrigen auch die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und der Tabakindustrie», so Sucht Schweiz.

Gleichzeitig fordert der Fachverband, dass die vom Stimmvolk angenommene Initiative „Kinder ohne Tabak“ jetzt sofort und vollständig umgesetzt werden müsse. Im beschlossenen Verfassungstext stehe klar, dass „alle Formen der Werbung“, die Kinder und Jugendliche erreichen, verboten sind. Das Parlament habe deshalb keine Legitimation, Ausnahmen zu machen oder gar vom Souverän Kompromisse zu fordern.

Zum Tabakindustrie-Lobby-Index (GTIII):
https://addictionsuisse.us21.list-manage.com/track/click?u=0105ffefd321866bbe2bf76d7&id=131e43ad4f&e=7ded61b411

Zur Rangliste der Tabakpolitik der europäischen Länder:
https://www.tobaccocontrolscale.org/wp-content/uploads/2022/12/TCS-Report-2021-Interactive-V4.pdf

Stiftung Sucht Schweiz
Sucht Schweiz ist laut Selbstdarstellung eine unabhängige, gemeinnützige Stiftung mit dem Ziel, Probleme im Zusammenhang mit dem Konsum psychoaktiver Substanzen und Verhaltensweisen mit Suchtpotenzial zu verhindern und zu vermindern. Sie entwickelt und verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse und konzipiert zielorientierte Präventionsprojekte. Sie setzt sich für wirksame und gegenüber Betroffenen respektvolle suchtpolitische Massnahmen ein.

Zur Webseite von Sucht Schweiz: https://www.suchtschweiz.ch/

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