Ende Januar wurde in der norditalienischen Stadt Pinerolo bei Turin ein Waldenserdenkmal enthüllt. Es ist das erste ökumenische Monument in Italien, da es von der Waldenserkirche und dem römisch-katholischen Bischof von Pinerolo in Auftrag gegeben wurde. Die vom österreichischen Bildhauer Gerald Brandstötter in Bronze gestaltete Rundplastik hat die Form einer grossen Flamme und stellt die Verbrennung der Waldenser durch die römisch-katholische Inquisition dar: Eine Mädchengestalt mit erhobenen Händen und mit Blick zum Himmel symbolisiert Hoffnung und Versöhnung. Das Denkmal soll zur Toleranz mahnen und an die Opfer religiöser und politischer Verfolgung erinnern.
Bekanntlich sind die Waldenser die einzige mittelalterliche "Ketzerbewegung", die von der Inquisition nicht ausgerottet werden konnte. Ihr Gründer, Petrus Waldus, lebte im 12. Jahrhundert und wollte die römische Kirche reformieren, indem er ein Leben nach apostolischem Ideal forderte und die Bibellektüre in den Mittelpunkt des Gottesdienstes rückte. Viele Lehren der Kirche, wie das hierarchische Amtsverständnis, das Papsttum, das Fegfeuer, die Totenmessen und die Marienverehrung, lehnte er ab. Der italienische Zweig der Waldenser schloss sich im 16. Jahrhundert dem Calvinismus in der Schweiz an. Die Waldenserbewegung war im 13. und 14. Jahrhundert auch nördlich der Alpen vertreten, wurde aber in den deutschsprachigen Ländern durch die Inquisition gänzlich ausgelöscht. In die Geschichte eingegangen ist vor allem das Blutgericht von Steyr (Oberösterreich) im Jahr 1397, als etwa 100 Waldenser auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Zum Gedenken an die blutige Hinrichtung der religiös Verfolgten wurde bereits 1997 ein Denkmal in Steyr errichtet. Dieses "Ketzer-Denkmal", das auch von Brandstötter gestaltet wurde, gab den Anstoss für die Aufstellung eines ähnlichen Monuments in Pinerolo, einer Gegend Italiens, wo die Waldenser die über Jahrhunderte andauernde Verfolgung überlebt haben.
Im Anschluss an die Denkmalenthüllung veranstaltete die Waldenserkirche in Pinerolo unter Leitung ihres Pfarrers Giuseppe Platone eine wissenschaftliche Tagung im katholischen Diözesanmuseum über Gewaltlosigkeit und religiöse Intoleranz. Zu den Referenten zählten Historiker und Theologen wie Professor Adriano Prosperi (Pisa), Professer Grado G. Merlo (Mailand), Dr. Ermas Segatti (Turin) und Professor Paolo Ricca (Rom). Über die Verfolgung der Waldenser nördlich der Alpen referierte der an der adventistischen Theologischen Hochschule Friedensau bei Magdeburg lehrende Kirchenhistoriker Dr. Daniel Heinz. Ein Tagungsband mit allen Referaten ist in Vorbereitung und kann bei Giuseppe Platone, Via dei Mille 1, I-10064 Pinerolo, angefordert werden.