Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat drei Angehörige der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Österreich als Geistliche anerkannt, sodass sie keinen Militär- und deshalb auch keinen Zivildienst zu leisten brauchen. Das österreichische Bundesministerium für Inneres hatte zwar Markus Gütl, Philemon Löffelmann und Gerhard Lang als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, aber auf die Ableistung eines Zivildienstes bestanden. Obwohl die drei Zeugen Jehovas in ihrer Religionsgemeinschaft als "Älteste" beziehungsweise "Dienstamtsgehilfe" amtieren, wurde ihnen der Status eines Geistlichen, der keinen Militärdienst leisten muss, nicht zuerkannt. Nach österreichischem Recht würden nur Amtsträger von staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften, die eine öffentlich-rechtliche Stellung haben, vom Militärdienst befreit, sodass sie auch keinen Zivildienst leisten müssten. Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas hat in Österreich jedoch nur den minderen Rechtsstatus einer eingetragenen religiöse Bekenntnisgemeinschaft. Für sie gelte die Befreiung ihrer Geistlichen vom Militärdienst nicht.
Die Strassburger Richter sahen hier einen Verstoss gegen die Artikel 9 (Religionsfreiheit) und 14 (Verbot der Benachteiligung) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und gaben in ihren Urteilen vom 12. März Gütl und Löffelmann sowie vom 19. März Lang von den Zeugen Jehovas Recht, dass sie nicht diskriminiert werden dürften. Dass nur Amtsträger von bestimmten Religionsgemeinschaften vom Militärdienst freigestellt würden, sei nicht statthaft, so der Menschenrechtsgerichtshof. Der österreichische Staat wurde ausserdem verurteilt, an die Kläger je 4.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen und deren Verfahrenskosten zu übernehmen.
Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Österreich hatte sich bereits im letzten Jahr beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegenüber der Republik Österreich durchsetzen können. Am 31. Juli 2008 urteilten die Strassburger Richter, dass das österreichische Anerkennungsrecht von Religionsgemeinschaften gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstosse. Den Zeugen Jehovas dürfe der Status einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft nicht verweigert werden. In der Alpenrepublik leben über 21.000 Zeugen Jehovas.