Papst Benedikt XVI. hat die Opfer sexuellen Missbrauchs um Verzeihung gebeten. In dem am 19. März unterzeichneten und am 20. März veröffentlichten Hirtenschreiben zum Kindesmissbrauch in der römisch-katholischen Kirche äussert er sich "schockiert und verletzt" über die "sündigen und kriminellen Handlungen" durch Geistliche. Täter ruft er zur Rechenschaft vor weltlichen und kirchlichen Gerichten, Bischöfen hält er "schwere Fehlurteile und Versagen in der Leitung" vor.
Für einige Diözesen, Priesterseminare und Orden kündigt der Papst vatikanische Untersuchungskommissionen an. "Im Namen der Kirche bekunde ich offen die Scham und Reue, die wir alle empfinden", heisst es in dem Schreiben an die irischen Katholiken, das der Papst als "Hirt der weltweiten Kirche" verfasst hat, wie Benedikt XVI. am Beginn des Schreibens selbst klarstellt.
Das Problem des Kindesmissbrauchs sei "weder spezifisch für Irland noch für die Kirche", betont der Papst. Die katholische Gemeinschaft müsse die Krise mit Mut und Entschlossenheit angehen. "Niemand erwartet, dass diese schmerzliche Situation schnell gelöst wird.
Echter Fortschritt wurde gemacht, aber viel mehr bleibt noch zu tun", so der Papst. Zugleich erklärte er seine Bereitschaft, mit Missbrauchsopfern persönlich zusammenzutreffen.
Zu Beginn seines Schreibens, das mit einem Umfang von 20 Druckseiten auf Englisch und Italienisch erschien, verweist der Papst auf die "offenen und konstruktiven" Gespräche mit den irischen Bischöfen während des Krisengipfels im Februar im Vatikan. Die Oberhirten seien jetzt "besser in der Lage, die Arbeit der Wiedergutmachung vergangenen Unrechts voranzubringen". Diese müsse den Erfordernissen der Justiz und der Lehre des Evangeliums entsprechen.
Eigens spricht der Papst die Missbrauchsopfer und ihre Familien an: "Ihr habt schwer gelitten, und das tut mir aufrichtig leid. Ich weiss, dass nichts das Unrecht ungeschehen machen kann, das ihr erlitten habt." Ihr Vertrauen sei verraten, ihre Würde verletzt worden; viele hätten mit Anzeigen kein Gehör gefunden. Es sei verständlich, dass ihnen Vergebung schwer falle, so Benedikt XVI. Dennoch bitte er sie "demütig", an die heilende Kraft der Liebe Jesu zu glauben.
Den Tätern droht er Rechenschaft "vor dem allmächtigen Gott und vor den zuständigen Gerichten" an. Die betreffenden Priester und Ordensleute hätten "Schande und Unehre" über ihre Mitbrüder gebracht; zusätzlich zu der "ungeheuren Verletzung für die Opfer" sei auch dem Ansehen der Kirche schwerer Schaden zugefügt worden.
"Erkennt eure Schuld offen an, unterwerft euch den Forderungen der Justiz, aber verzweifelt nicht an Gottes Barmherzigkeit", so der Papst. Verständnis äussert er für unschuldige Kleriker, die sich für die Fehler anderer verantwortlich gemacht sähen oder "enttäuscht, irritierte und verärgert" über das Krisenmanagement ihrer Vorgesetzten seien.
Harte Worte richtet der Papst gegen einige Bischöfe, denen er teils Versagen bei der Anwendung der kirchenrechtlichen Vorschriften zum Umgang mit Kindesmissbrauch vorwirft. Bei der Reaktion auf Hinweise, in der Beurteilung von Fällen und in Leitungsentscheidungen seien "schwere Fehler" gemacht worden. Nachdrücklich ruft er die Oberhirten auf, weiterhin mit der zivilen Justiz in deren Zuständigkeitsbereich zusammenzuarbeiten. Die Kirchenrechtsnormen zum Schutz von Kindern würden "kontinuierlich überarbeitet". Die Bischöfe mahnt Benedikt XVI. zu Selbstkritik, Verantwortung vor Gott und Solidarität mit ihren Gläubigen. Sie müssten "wieder glaubwürdig" werden. (Mit News-Input von Kathpress, Wien)