Leitende Vertreter der irakischen Kirchen haben nach den jüngsten Terrorakten eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie alle Regierungsmitglieder und politischen Parteien des Landes aufrufen, "dem öffentlichen Interesse und der Sicherheit der Bürger und Bürgerinnen Priorität einzuräumen".
Die Erklärung wurde am 6. Mai, vom Rat der christlichen Kirchenführer des Irak (CCCLI) nach einer Krisensitzung in Qaraqosh veröffentlicht. Die Kirchenführer reagierten damit auf einen Sprengstoffanschlag, der am 2. Mai in der nordirakischen Stadt Mosul auf Busse mit christlichen Theologiestudierenden verübt worden war, die auf dem Weg vom Zentrum des Distrikts Hamdaniya zur Universität nach Mosul waren. Eine Person wurde bei dem Anschlag getötet, 188 Männer und Frauen erlitten zum Teil schwere Verletzungen.
Seither wurden überall im Irak weitere Anschläge gemeldet, die sich jedoch nicht alle gegen Christen richteten. Bei den Gewalttaten der letzten Tage waren mehr als 100 Todesopfer und Hunderte von Verletzten zu beklagen.
Die Welle der Gewalt brach nach den umstrittenen Parlamentswahlen aus, in einer Zeit, in der das Land um die Bildung einer neuen Regierung ringt.
"Wir bekunden dem irakischen Volk unsere Solidarität und sprechen den Familien der Opfer unser Mitgefühl aus. Zugleich sind wir sehr besorgt über die erneute Eskalation der Gewalt gegen Christen in Mosul", erklärte Pfarrer Dr. Olav Fykse Tveit, der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen.
Auch der Ökumenische Rat der Kirchen appelliere "an alle Parteien und Mitglieder der irakischen Regierung, ihre Verantwortung wahrzunehmen und dem Land Sicherheit und Stabilität zu bringen und den Schutz seiner Bürger und Bürgerinnen zu gewährleisten", betonte Fiske Tveit.
Die irakischen Kirchenführer schlossen ihre Erklärung mit folgenden Worten ab: "Gott, wir bitten Dich, schenke den Märtyrern Trost, heile die Verwundeten, halte allen Schaden von unserem Land fern und gib uns Frieden und Stabilität."
Der irakische Kirchenrat wurde im Februar dieses Jahres gemeinsam von allen Patriarchen, Erzbischöfen, Bischöfen und Kirchenoberhäuptern der 14 christlichen Gemeinschaften gegründet, die seit 1982 im Irak registriert sind. Ihre Kirchen gehören katholischen, östlich-orthodoxen und orientalisch-orthodoxen sowie evangelischen Traditionen an.
Ziel des neu eingerichteten Rates ist es, in Fragen, die Kirche und Staat betreffen, zu gemeinsamen Positionen und Beschlüssen aller Kirchen zu gelangen. Der Rat will dies erreichen, indem er die christliche Präsenz stärkt und bewahrt, die zwischenkirchliche Zusammenarbeit und gemeinsame Maßnahmen fördert, ohne in die inneren Angelegenheiten der Kirchen oder ihrer Einrichtungen einzugreifen.
Von den schätzungsweise 1,5 Millionen Christen, die vor der US-Invasion von 2003 im Irak lebten, ist wegen der Verfolgung durch El-Kaida-Terroristen und Milizen inzwischen rund die Hälfte ausgewandert.