In einer Entschliessung der Parlamentarischen Versammlung in Strassburg (Frankreich) vom 23. Juni fordern Abgeordnete aus 47 Ländern die Schweiz auf, das "diskriminierende" Bauverbot für Minarette so rasch wie möglich aufzuheben. Das Minarett-Verbot diskriminiere die muslimische Gemeinschaft, verletze die Religionsfreiheit und sei ein Verstoss gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, stellten die Parlamentarier fest. Für eine Übergangszeit solle die Schweiz ein entsprechendes Moratorium beschliessen, heisst es in der Resolution weiter.
Die Schweizer hatten sich im November 2009 in einem Volksentscheid mit 57,5 Prozent Ja für ein Bauverbot von Minaretten ausgesprochen. Das Ergebnis dieser Volksabstimmung kam für die meisten Parteien sowie die Regierung völlig überraschend. Die Wahlbeteiligung war mit rund 54 Prozent unerwartet hoch.
In der Schweiz leben schätzungsweise rund 400'000 Muslime. Sie stammen aus einer Vielzahl von Ländern, wobei bosnische, albanische und türkische Muslime eine Mehrheit stellen. Sie praktizieren ihren Glauben in Moscheen, die in der Regel von Kulturvereinen aus ihren Herkunftsländern getragen werden. Im Lande gibt es etwa 150 islamische Gebetsstätten (Moscheen) mit vier Minaretten.
Die Abgeordneten im Europaparlament sprachen sich auch gegen ein generelles Verbot des Ganzkörperschleiers (Burka) aus. Punktuelle gesetzliche Regelungen, wie sie in Frankreich geprüft würden, nannten die Parlamentarier allerdings akzeptabel: beispielsweise für die Identifizierung, bei der Ausübung öffentlicher Ämter oder in Fällen, in denen eine religiöse Neutralität erforderlich sei. Ansonsten sollte man muslimischen Frauen die freie Wahl ihrer Kleidung überlassen.