In einem Grusswort an die Teilnehmenden der elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Stuttgart sprach sich der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. für eine Fortsetzung des lutherisch-orthodoxen Dialogs aus, der 1981 mit dem Lutherischen Weltbund begonnen wurde. Die orthodoxe Seite wolle die Gespräche "mit Verantwortung und Engagement" führen. Man müsse sich jedoch bewusst sein, dass der Weg zur erhofften und erwarteten Einheit noch "lang und schwierig" sein werde.
Nach Einschätzung des orthodoxen Ehrenoberhauptes sei der Verlust der Ehrfurcht vor der Würde des Menschen ein weltweites Phänomen. Diese Situation sei "völlig inhuman und unakzeptabel" und stehe im Gegensatz zur biblischen Überlieferung, wonach der Mensch das Ebenbild Gottes sei, betonte Bartholomaios I. im Grusswort, das von Metropolit Prof. Dr. Gennadios von Sassima, dem Co-Präsidenten der Gemeinsamen lutherisch-orthodoxen Kommission, verlesen wurde.
Der Ökumenische Patriarch beklagte darin ferner, dass der technologische Fortschritt, der den Menschen in den westlichen Gesellschaften viele Annehmlichkeiten bereite, die anderen Teile der Welt aber noch nicht erreicht habe. Dort litten die Menschen unter anderem an Hunger, Wassermangel, unter Armut, HIV und AIDS, Ungerechtigkeit, einem Mangel an Religionsfreiheit sowie interreligiösen Konflikten und Kriegen. "Der Respekt für die menschliche Würde ist in den Köpfen und Herzen der Menschen verloren gegangen. Diese Situation ist völlig inhuman und inakzeptabel, und sie stellt eine spirituelle und soziale Herausforderung für alle Christen und Christinnen dar, der Menschheit und der ganzen Welt prophetische Antworten zu geben," bekräftigte der Ökumenische Patriarch.
Bartholomaios I. wurde am 22. Oktober 1991 nach dem Tod Dimitrios I. vom Heiligen Synod zum Erzbischof von Konstantinopel, dem neuen Rom, und Ökumenischer Patriarchen gewählt. Er ist faktisch das Ehrenoberhaupt von rund 350 Millionen orthodoxen Christen in aller Welt.