Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die bisher vorgeschriebene 20-jährige Wartezeit für Religionsgemeinschaften gekippt. Nach den heute geltenden Bestimmungen muss eine religiöse Gruppe oder Gemeinschaft 20 Jahre lang eine Religion ausüben und seit zehn Jahren als religiöse Bekenntnisgemeinschaft registriert sein, bevor sie in Österreich als Religionsgemeinschaft anerkannt wird.
Der Verfassungsgerichtshof hat jetzt die Bestimmungen des § 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (BGBl. I 19/1998), als verfassungswidrig aufgehoben, die ohne Ausnahme zwanzig- bzw. zehnjährige Fristen vorsehen bevor es überhaupt zu einer Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft kommen kann.
Solche ausnahmslosen Wartefristen widersprächen dem Recht auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung. Der VfGH hat dem Gesetzgeber eine Reparaturmöglichkeit bis zum 30. September 2011 eingeräumt.
Die Klage hatten der "Bund Evangelikaler Gemeinden" und die "Mennonitische Freikirche" eingebracht. Beide Religionsgemeinschaften können derzeit von dieser Änderung nicht profitieren, denn eine weitere Bestimmung, wonach es eine Mindestzahl an Anhängern – zwei Promille der Bevölkerung, also rund 16.000 Menschen – für die Anerkennung braucht, bleibt bestehen. Diese Hürde könnten zahlenmässig nur die Aleviten schaffen. Für die rund 60.000 Aleviten in Österreich vergrössert das gerichtliche "Erkenntnis" die Chancen, bald als eigenständige Religionsgemeinschaft in Österreich anerkannt zu werden.