Vertreter der nordamerikanischen Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten und der Presbyterianischen Kirche in den USA trafen sich Ende Oktober zu Dialoggesprächen im Lutherischen Zentrum in Chicago. Laut einem Bericht des Teilnehmers Dr. William G. Johnsson sei die dreitägige Begegnung durch Freundlichkeit und gegenseitigen Respekt sowie freimütigen und herzlichen Gedankenaustausch geprägt gewesen.
Einen Schwerpunkt bildeten unter Verweis auf bestimmte Textpassagen die jeweiligen Methoden, die Bibel zu studieren und auszulegen. Die Teilnehmer schilderten zudem, welche geistlichen Erfahrungen sie in ihrer Konfession gemacht hätten. Es gab auch eine Aussprache über Kernfragen, mit denen die jeweilige Kirche in den Bereichen Mitglieder, Theologie und Verwaltung befasst sei.
Ausserdem wurden die Ziele des Dialogs definiert. Dabei gehe es um ein besseres, gegenseitiges Verständnis, den Abbau von Klischees und Missverständnissen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit, ohne deswegen eine organisatorische Vereinigung beider Kirchen anzustreben, sowie die Werte der anderen Tradition kennen und schätzen zu lernen. Themen für künftige Gespräche könnten sein: Gottes Gebote, Erlösung, Wiederkunft Christi, Sabbat, soziale Gerechtigkeit, Religionsfreiheit, Gottesdienst und Abendmahl, Ausbildung und Einsetzung von Geistlichen sowie Möglichkeiten, die Einheit in der jeweiligen Denomination zu fördern.
An der Konsultation in Chicago nahmen seitens der Presbyterianer Pfarrer Carlos Malavé, stellvertretender Leiter des Referates für ökumenische Beziehungen der Presbyterian Church, Dr. David Cortes-Fuentes, Dozent für Neues Testament am San Francisco Theologischen Seminar, Dr. Sheldon Sorge vom Amt für Theologie und Gottesdienst der Presbyterianischen Kirche und Barbara Wheeler, frühere Rektorin des Auburn Theological Seminary in New York, teil. Von adventistischer Seite waren entsandt worden: Dr. Halvard Thomsen, Assistent des Präsidenten der Kirchenleitung in Nordamerika, Professor Dr. Denis Fortin, Dekan des Theologischen Seminars der Andrews Universität (Berrien Springs/Michigan), Dr. William G. Johnsson, Berater des Präsidenten der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) für interreligiöse Angelegenheiten, Dr. Ekkehardt Müller vom Biblischen Forschungsinstitut (BRI) der Generalkonferenz und Dr. Theresa Reeve, Dozentin für Neues Testament am Theologischen Seminar der Andrews Universität.
Während ihrer 219. Generalversammlung in Minneapolis/Minnesota stimmten die Delegierten der Presbyterianischen Kirche in den USA am 6. Juli 2010 zu, mit der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten einen offiziellen Dialog zu beginnen. Vertreter anderer Kirchen reformierter Tradition wurden von der Generalversammlung eingeladen, zu dem Dialog Beobachter zu entsenden. Davon machte die Christian Reformed Church (CRC) Gebrauch und entsandte Pfarrer Bruce Adema nach Chicago. Die 1857 entstandene CRC umfasst in den USA und Kanada fast 300.000 Mitglieder.
Dem nun in Chicago begonnenen Dialog waren drei Konsultationsgespräche zwischen Vertretern der Adventisten und Presbyterianer vorausgegangen. Das erste fand 2006 im adventistischen Verwaltungszentrum in Silver Spring/Maryland statt. Damals ging es vor allem darum, die jeweils andere Kirche kennenzulernen, wobei Referate in die Geschichte, Lehren und ethischen Werte der beiden Denominationen einführten.
Bei der nächsten Gesprächsrunde 2007 im nationalen Kirchenamt der Presbyterianer in Louisville/Kentucky befassten sich die Teilnehmer mit vier Themen: Deren jeweiligem Verständnis des reformatorischen Prinzips „sola scriptura“ (allein die Heilige Schrift), deren Verhältnis göttlicher Gebote und des Evangeliums zueinander, dem Stellenwert des Schrifttums der Mitbegründerin der adventistischen Kirche, Ellen G. White (1827-1915), und der Rolle der Schriften des Reformators Johann Calvin (1509-1564).
Die dritte Gesprächsrunde 2008 an der adventistischen Loma Linda Universität in Kalifornien, die mit ihren medizinischen Einrichtungen auf Gesundheitswissenschaften und -prävention spezialisiert ist, befasste sich mit den Eigenheiten, die für jede der beiden Konfessionen kennzeichnend sind. Dabei ging es besonders um den Einsatz der Presbyterianer für soziale Gerechtigkeit sowie die Hervorhebung der Souveränität Gottes und die Betonung der Adventisten hinsichtlich Gesundheit und Religionsfreiheit. Aufgrund dieser drei Begegnungen empfahlen die presbyterianischen Gesprächsteilnehmer ihrer Generalversammlung, offiziell mit den Adventisten in einen Dialog zu treten.
Die Presbyterianische Kirche hat in den USA 2,4 Millionen Mitglieder. Die Adventisten zählen in Nordamerika über eine Million erwachsen getaufte Mitglieder. Der Dialog soll 2011 fortgesetzt werden.