Als „ein halbes Jahrhundert erfolgreiches Projekt der Ökumene“ würdigte die Präsidentin des Evangelischen Bundes, Gury Schneider-Ludorff (Neuendettelsau), den Evangelischen Arbeitskreis für Konfessionskunde in Europa (EAKE), dessen 50. Jahrestagung in Bensheim stattfand. Der Arbeitskreis, so die Kirchenhistorikerin, wurde kurz vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gegründet, um den Austausch über die vom Konzil erwarteten ökumenischen Entwicklungen zu pflegen. Gründungsmitglieder waren der Evangelische Bund Deutschland, der Schweizerische Protestantische Volksbund und der Niederländische Protestantische Konvent. Mittlerweile sind Trägerorganisationen aus Deutschland, Österreich, Ungarn und Rumänien für den EAKE aktiv. Seit 1999 besteht zudem eine besondere Verbindung mit der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). Für deren Studiensekretär, den Theologieprofessor Martin Friedrich (Wien), ist der EAKE bis heute „einer der Motoren der Leuenberger Konkordie“.
Die gastgebende Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beschäftige sich auf vielfältigen Ebenen mit dem Tagungsthema der EAKE in Bensheim „Nachkonfessionelles Christentum in Europa“: „Es vollzieht sich ein epochaler Wandel in der Art der Bindung des Individuums mit Religion. Vielleicht ist es kein Zufall, dass gerade die 50. Jahrestagung sich mit dieser grundlegenden Veränderung beschäftigt.“ Friedhelm Pieper, Europa-Beauftragter der EKHN, wies in seinem Grusswort auf aktuelle Herausforderungen hin: „Neue, sich oft überkonfessionell verstehende Gemeinden entstehen. Menschen stellen ihr jeweiliges religiöses Portfolio zusammen. Das wirkt sich auf das Selbstverständnis der Kirchen in Europa und ihre Rollen in der Gesellschaft aus.“
Eine vom Hessischen Rundfunk in Auftrag gegebene Studie stand im Mittelpunkt des Eröffnungsvortrags „Was glauben die Hessen?“ Lothar Bauerochse von der Redaktion Kirche und Religion des Hessischen Rundfunks bezog sich auf die repräsentative Untersuchung. So würden die Kirchen den Hessen durchwegs als „berechenbarer Hort der Humanität“ gelten. Das, so Bauerochse, hiesse aber noch lange nicht, dass man sich dieser Institution unterwerfen oder von ihr den Sinn des eigenen Lebens vorgeben lassen würde. Den wissenschaftlichen Initiator der Studie, den katholischen Theologieprofessor Michael Ebertz, zitierte er mit der pointierten Zusammenfassung: „Solange die Kirche meine individuelle Sinnsuche stützt, habe ich nichts dagegen. Aber sie soll sich hüten, mir vorzuschreiben, was ich zu glauben habe.“
Der christliche Glaube und die Kirchenmitgliedschaft stünden nicht mehr unbedingt in einem Zusammenhang. Es gebe Christen ausserhalb der Kirchen, aber jeder dritte Protestant und jeder fünfte Katholik in Hessen glaubten beispielsweise nicht, dass Gott in Jesus Christus offenbar werde. Damit, so Bauerochse, „finden sich ganz objektiv auch Atheisten in den Kirchen“.
Der Evangelische Arbeitskreis für Konfessionskunde in Europa (EAKE) tagte vom 18. bis zum 21. April in Bensheim. Die Delegierten kamen aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Italien, Liechtenstein, Niederlande, Österreich, Rumänien, Tschechische Republik, Ukraine und Ungarn.
Zum Tagungsthema referierten Dr. Thorsten Latzel (Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt/Main), Professor Dr. Jan Hermelink (Universität Göttingen) und Professor Dr. Eberhard Harbsmeier (Rektor des Pädagogisch-Theologischen Instituts Logumkloster/Dänemark). Während einer Exkursion wurden in Frankfurt/Main neben der Evangelischen Akademie am Römerberg auch die Flughafenseelsorge am Fraport und die Stadionseelsorge in der Frankfurter Commerzbank-Arena besucht.