Auf dem 100. Katholikentag vom 25. bis 29. Mai in Leipzig kam auch der Themenbereich Ökumene nicht zu kurz. In Podiumsveranstaltungen ging es unter anderem um das Verständnis von Kirche, Ehe und Familie in ökumenischer Perspektive.
Was ist Kirche?
Das Kirchenbild als Kern der Ökumene beleuchteten vier Fachreferenten aus verschiedenen Konfessionsfamilien. Dr. Markus Iff, Professor für systematische Theologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach des Bundes Freier evangelischer Gemeinden in Dietzhölztal/Deutschland, stellte die freikirchliche Sicht dar. Kirche sei in ihrem Wesen die Versammlung und Gemeinschaft der Glaubenden.
Auf die Kurzformel „Kirche ist die Gemeinschaft derer, die die Stimme ihre Herrn hören“, brachte Professor Dr. Johannes von Lüpke die evangelisch-lutherische Perspektive. Von Lüpke, der an der Kirchlichen Hochschule Bethel/Wuppertal systematische Theologie lehrt, betonte, dass die Kirche in gewisser Weise unsichtbar sei, weil man anderen nicht ins Herz schauen könne.
Dr. Athanasios Vletsis, Professor für systematische Theologie der orthodoxen Ausbildungseinrichtung an der Universität München, erwähnte, dass die orthodoxe Kirche von sich als der „wahren Kirche“ spreche. Dass die römisch-katholische Kirche eine Weltkirche sei, die sich in der Spannung zwischen „Zentrale und Peripherie“ befinde, brachte Dr. Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik an der Universität Tübingen in die Diskussion über das ökumenische Kirchenbild mit ein.
Was ist Ehe und Familie?
Erzbischof Dr. Heiner Koch, Vorsitzender der Familienkommission der Deutschen Bischofskonferenz, umriss das römisch-katholische Eheverständnis: Ehe sei eine Beziehung zwischen Mann und Frau. Sie sei ein Ort der Erfahrung und Wirksamkeit Gottes. In der Ehe käme es zur grössten Verbindung zweier Menschen, die sie sich überhaupt schenken können. „Wenn zwei Eheleute heiraten, dann sind sie Teilhaber am Heilsgeschehen Christi“, so Koch.
Oberkirchenrätin Cornelia Coenen-Marx, Co-Autorin des Orientierungspapieres „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), stellte die statistischen und soziologischen Gegebenheiten dar, die zum EKD-Orientierungspapier geführt haben. Sie betonte die Wichtigkeit von Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Verantwortlichkeit in Paarbeziehungen. „Eine Menge Menschen haben Angst vor der Verbindlichkeit der Ehe, weil sie traumatische Erfahrungen gemacht haben“, sagte Coenen-Marx.
Sowohl Heiner Koch als auch Cornelia Coenen-Marx vertraten die Meinung, dass die Beschlüsse einiger evangelischer Landeskirchen, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen, eine „Belastung“ beziehungsweise eine riesige „Zerreissprobe“ für die Ökumene darstellten.