Wo gibt es Lebensräume für den Frieden? Wie können diese aussehen und gestaltet werden? Und wie können diese Räume vielleicht die Kirche verändern? Mit diesen Fragen beschäftigte sich ein gemeinsamer Workshop der „Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden“ (AGDF) und der „Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden“ (EAK) in Mainz. „Es sind spannende Fragen, die sich hier stellen, wenn man sich auf die Suche nach solchen Räumen macht“, betonte der Friedens- und Konfliktforscher Markus Weingardt (Tübingen) von der „Stiftung Weltethos“, der die Gesprächsrunde moderierte.
Dass es solche Räume des Friedens schon länger gibt, zeigten Beispiele, die dabei in Mainz vorgestellt wurden. So eine kleine franziskanische Kommunität in einem der sozialen Brennpunkte in Frankfurt am Main mit einer engagierten Kinder- und Jugendarbeit, oder ein mennonitisches Friedenszentrum in Berlin-Neukölln mit Angeboten für Jugendliche aus verschiedenen Kulturen und einer breiten Stadtteilarbeit. Oder die Arbeit als Nichtregierungsorganisation für Menschenrechtsfragen bei den Vereinten Nationen in Genf und New York.
„Die Welt ist der Ort Gottes. Hier in der Welt begegnen wir Gott durch die Begegnung mit anderen Menschen“, unterstrich Bruder Markus Heinze vom Orden der Franziskaner (OFM), Direktor von „Franciscans International“ in Genf und New York. Und Pastorin Martina Basso vom Mennonitischen Friedenszentrum in Berlin machte deutlich: „Wir gehen nicht ab und zu mal in die Welt, sondern wir sind mittendrin. Es gibt da kein Draussen oder Drinnen.“
Die mennonitische Pastorin hob hervor, dass der Friede das ganze Leben umfasse. Dies zeige sich dann auch im Handeln. „Dazu gehört, verletzlich zu sein und Verletzungen anzunehmen. Dazu gehört Demut, auch gemeinsam mit dem zu gehen, mit dem ich nicht übereinstimme. Es ist zudem nicht unsere Aufgabe, die Probleme der Welt zu lösen, sondern Hoffnung auf Erlösung zu geben, um das Reich Gottes aufblitzen zu lassen, wo der Friede gelingt. Und es erfordert, wahrhaftig zu reden, aufmerksam zuzuhören und aufmerksam zu sein gegenüber der Gemeinschaft“, so Martina Basso.
Der Franziskaner Markus Heinze warnte davor, sich als Kirche oder als Friedensraum von der Welt zu distanzieren. „Wir müssen uns zweier Dinge bewusst sein: Ich selbst bin ein geliebter Mensch, gewollt und bejaht. Und genauso ist auch der andere Mensch geliebt, gewollt und bejaht. Dieses Bewusstsein verändert unser Handeln“, so der römisch-katholische Theologe.
Frömmigkeit und politisch sein, bedingen einander
Für beide, die Mennonitin und den Franziskaner, sei dabei klar: Spiritualität und tägliche Arbeit gehörten zusammen und geben die Kraft, solche Räume des Friedens zu schaffen und zu gestalten. „Der christliche Glaube muss zu einer Kultur des Friedens führen“, ist Martina Basso überzeugt. Frömmigkeit und politisch sein, würden dabei einander bedingen und sich nicht ausschliessen. Und Markus Heinze sieht darin auch eine verändernde Kraft für die Kirche: „Wir sollen nicht die Kirche ändern wollen, sondern die Welt. Und dann kann Kirche zu einem Friedensraum in der Welt werden.“
„Es ist immer eine Friedensarbeit zwischen Euphorie und Hemmnissen“, stellte Markus Weingardt fest. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der gemeinsamen Tagung von AGDF und EAK schilderten in Mainz ihre Erfahrungen mit Friedensräumen, dem Weg zu solchen Erlebnissen und den auftretenden Problemen dabei. Doch auch die Frage, wie Traditionen und Erfahrungen früherer Friedensarbeit hochgehalten werden könnten oder welche neuen Wege beschritten werden sollten, spielten eine Rolle. Es gab Berichte von Erlebnissen, die Mut machten, aber auch von Erlebnissen in der Friedensarbeit, die Resignation verursachten.
„Wir sollten uns aber immer wieder auch bewusst machen, was wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erreicht haben in der Friedensarbeit, um solche Friedensräume zu finden und zu erhalten“, unterstrich EAK-Bundesvorsitzender Dr. Christoph Münchow. Vor 100 Jahren sei wahrscheinlich eine solche Veranstaltung kaum möglich gewesen, ist er überzeugt. Doch seitdem wäre viel geschehen.