Am 1. September sprach der Oberste Gerichtshof in Kenia ein Urteil gegen die im August durchgeführte Präsidentschaftswahl. Aufgrund von Unregelmässigkeiten und Rechtsverstössen wurde die Wahl von Präsident Uhuru Kenyatta annulliert. Eine Neuwahl soll innerhalb von 60 Tagen stattfinden.
Wie die Tageszeitung neues deutschland berichtet, sei die kenianische Bevölkerung über das Urteil des Obersten Gerichtshofs positiv überrascht. Bisher sei die Justiz als abhängig von der jeweiligen Regierung gesehen worden. Mit dem Urteil setzte der Oberste Gerichtshof ein Signal für die Unabhängigkeit öffentlicher Institutionen vom Zugriff des Staates. Mit diesem Urteil wurde auch ein historischer Präzedenzfall geschaffen. Bisher waren die Präsidentschaftswahlen in Kenia noch nie aufgrund von Wahlbetrug annulliert worden.
Klage wegen Wahlbetrug
Am 8. August hatte die Wahlkommission den bisherigen Amtsinhaber, Präsident Uhuru Kenyatta, mit 54 Prozent der abgegebenen Stimmen zum Sieger erklärt, während der Oppositionsführer Raila Odinga nur 44 Prozent der Stimmen erhielt, so neues deutschland. Odinga warf der Wahlkommission daraufhin Fälschung vor und wandte sich an den Obersten Gerichtshof in Kenia. Bereits nach den Präsidentschaftswahlen von 2013 war Odinga vor das oberste Gericht gezogen, seine Klage wurde damals jedoch abgewiesen. Um dem Mangel an Professionalität seitens der diesjährigen Wahlkommission auf die Spur zu kommen, mussten die sieben Richter des Obersten Gerichtshofs laut dem unabhängigen journalistischen Dienst Adventist Today rund 70.000 Aktenseiten durcharbeiten. Die ausführliche Urteilsbegründung muss innerhalb von 21 Tagen erfolgen.
Unmut und Drohungen des Präsidenten
Der amtierende Präsident Kenyatta konnte laut neues deutschland seine Frustration über das Urteil nur schwer verbergen: Er habe die Richter des Obersten Gerichtshofs als Diebe und Gauner beschimpft und versprochen mit dem Gericht „aufzuräumen“. Laut Adventist Today drohte Kenyatta dem Vorsitzenden Richter David Maraga: „Maraga sollte wissen, dass er es nun mit dem amtierenden Präsidenten zu tun hat.“ Der Präsident hat allerdings kein Recht, den obersten Richter abzusetzen. Bereits 2010 hatte sich das Land eine neue Verfassung gegeben. Die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs werden nun nicht mehr vom amtierenden Präsidenten direkt ernannt, sondern durch ein aufwendiges und öffentliches Auswahlverfahren von einer juristischen Kommission bestimmt.
Verschiedene Kenianische Zeitungen bezeichneten Maraga als Mann von Integrität und erwähnten seine Konfessionszugehörigkeit. David Maraga ist Mitglied in der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. In einem Interview betonte der Richter, niemals ein Urteil am Samstag zu sprechen, da er diesen als Feiertag halte. Dies führte zu der Annahme, dass deswegen die erste Sitzung des Obersten Gerichtshofs zur Urteilsfindung wegen Wahlbetrugsvorwürfen erst an einem Samstagabend nach Sonnenuntergang abgehalten wurde.
Zur Person von David Maraga
David Maraga, 66, ist Jurist und Absolvent der Universität von Nairobi. Zunächst arbeitete er in einer privaten Kanzlei, bis er 2003 als Richter berufen wurde. Seit 2012 gehört er dem Obersten Gerichtshof in Kenia an. Im Zuge des Bewerbungsverfahrens schwor Maraga vor laufender Kamera über einer Bibel, niemals Bestechungsgelder angenommen zu haben. Seit 2016 löste er den Obersten Richter und Menschenrechtsanwalt Willy Mutanga ab, der frühzeitig in den Ruhestand ging. Er wurde aus zehn anderen prominenten Richtern für dieses Amt ausgewählt. Maraga ist verheiratet und hat drei Kinder.