Laut CBS KULTUR INFO, Basel, hat der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Pfarrer Olav Fykse Tveit, in scharfen Worten die Attacke auf die Al-Rawdah-Moschee, in Al-Arisch, im nördlichen Sinai, verurteilt. Bei dem Anschlag wurden am 24. November 305 Teilnehmer des Freitagsgebets, darunter 27 Kinder, ermordet. Die Moschee wird der mystischen Sufi-Bewegung zugerechnet, Sufi-Gotteshäuser und Grabmäler sind bevorzugte Ziele der IS-Terroristen. Ein Oberster Rat der Sufi-Orden (al-Madschlis al-aʿlā li-t-turuq as-sūfīya) wurde in Ägypten bereits im Jahr 1895 gegründet. Heute gibt es in der ganzen islamischen Welt etwa. 70 verschiedene Sufi-Gemeinschaften.
Fykse Tveit appellierte zur Einmütigkeit in der Auseinandersetzung mit der Gewalt: „Wir müssen diese Attacke auf unsere muslimischen Brüder und Schwestern als eine empörende Verachtung des menschlichen Lebens verurteilen. Diese Verachtung ist umso schmerzvoller, wenn betende Menschen getroffen werden. Wir stehen den Muslimen zur Seite, wir gehen mit ihnen und wir werden nicht erlauben, dass diese ruchlose Tat uns trennt“.
In einem Kondolenzschreiben an den Grossimam der Al-Azhar, Ahmad al-Tayyeb, versicherte Fykse Tveit, dass er für die Getöteten und die Verletzten bete. Wörtlich stellte der Generalsekretär fest: "Wir verurteilen zutiefst diesen tragischen Angriff auf unsere muslimischen Brüder während der Gebetszeit, in einem Gotteshaus, das dem Frieden und der Anbetung dient".
Solche Verbrechen gegen Gläubige unterschiedlicher Religionen, gegen Kirchen und Moscheen, zeigten, dass Gewalt niemals mit Religion verbunden sein kann, im Gegenteil, diese Verbrechen zielten darauf ab, die Botschaft der Nächstenliebe, die allen Religionen gemeinsam sei, zu zerstören, betonte Fykse Tveit: „Wir sind überzeugt, dass das Böse nicht über Gottes Licht und Güte triumphieren kann. Wir appellieren an Präsident Abd-el-Fattah al-Sisi, an die religiösen Führungspersönlichkeiten und die Regierungspolitiker in der Region, die Sicherheit angesichts der Gewalt und Gerechtigkeit für alle Menschen zu garantieren.“
Der ÖRK-Generalsekretär Tveit sicherte Al-Azhar die Unterstützung des Weltkirchenrats bei den Anstrengungen zur Bekämpfung der extremistischen Ideologie zu. Die Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus im Nahen Osten sei eine „gemeinsame Verantwortung“. Der Weltkirchenrat stehe für die gemeinsame Arbeit für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt ein.
Hintergrund: Sufismus
Die Traditionen des Sufismus führen sich zurück bis auf Abraham, der in Ägypten in die alten Mysterienkulte eingeweiht worden sei. Der Sufismus breitete sich in der ganzen islamischen Welt aus, vor allem in Persien und Indien, wo er eine grosse Entfaltung in Mystik und Dichtung erlebte. Das Wort „Sufi“ wird in Verbindung gebracht mit dem griechischen Wort "Sophia" - Weisheit, andere leiten es von dem arabischen Wort „Suf“ her, einer Bezeichnung für Wolle, weil die Sufis reinwollene Gewänder trugen. Das Wort „Sufi“ taucht erstmals zur Zeit des Propheten Mohammeds auf. Die Lehre des Sufismus ist eine Mischung aus Religion, Mystik und Philosophie und kann auch als eine „spirituelle Charakterschule“ bezeichnet werden.
Lage der Sufi-Muslime in Ägypten heute
Auch nach dem „Arabischen Frühling“ ist das Verhältnis zwischen den Religionen in Ägypten ein wunder Punkt geblieben. Nach vorsichtigen Schätzungen sind 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung Sufis. Viele andere Ägypter nehmen an der einen oder anderen Sufi-Übung teil, jedoch ohne sich dieser Glaubensrichtung zugehörig zu fühlen. Sufi-Muslime verehren ihre Heiligen und deren Schreine. Für viele orthodoxe Islamisten ist dieser volksislamische Kult ein Dorn im Auge.
Interessanterweise ist das offizielle religiöse Establishment Ägyptens stark durch den Sufismus geprägt. So gehören die Professoren der über tausendjährigen Al-Azhar Moschee mit ihrer islamischen Universität normalerweise einer Sufi-Bruderschaft an. Die gemässigten Sufis stehen seit der Revolution an der Seite der Übergangsregierungen und identifizieren sich mit den Einrichtungen der Al-Azhar, die in religiösen Fragen eine gemässigte Haltung einnehmen.
Heute fürchten die Sufi-Muslime, dass ein zu grosser Einfluss der Islamisten und vor allem der Salafisten im neuen Ägypten ihre Glaubenspraxis beschränken und ihre Stellung in der Gesellschaft bedrohen könnte.