Der Rat des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK hat in seiner Sitzung vom 29. August 2019 beschlossen, die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare auf zivilrechtlicher Ebene zu befürworten. Laut der SEK-Medienmitteilung beschliesst die Abgeordnetenversammlung im November über Empfehlungen. Der Rat hat zudem entschieden, den Mitgliedkirchen des Kirchenbundes zu empfehlen, einen allfällig erweiterten zivilrechtlichen Ehebegriff als Voraussetzung für die kirchliche Trauung zu übernehmen.
Gewissensfreiheit für Pfarrpersonen
Die Gewissensfreiheit für Pfarrerinnen und Pfarrer bezüglich der kirchlichen Trauung für gleichgeschlechtliche Paare sollten in den Reglementen der Mitgliedkirchen gewahrt bleiben, so der Vorschlag des Rates an die Mitgliedkirchen. Er empfehle, die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare in die Trauregister einzutragen und sie liturgisch gleich zu gestalten wie die Trauung heterosexueller Paare, heisst es in der Mitteilung.
Sexuelle Orientierung als Ausdruck geschöpflicher Fülle
Die Abgeordnetenversammlung hat im Juni 2019 als Position festgehalten, dass sich in der Vielfalt der sexuellen Orientierung die Fülle des göttlichen Schöpfungshandelns widerspiegelt: «Wir sind von Gott gewollt, so wie wir geschaffen sind. Unsere sexuelle Orientierung können wir uns nicht aussuchen. Wir nehmen sie als Ausdruck geschöpflicher Fülle wahr.»
Laut der Medienmitteilung habe der Rat auf dieser Grundlage entschieden, die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu befürworten und die Trauung für alle zu empfehlen. Zu Fragen der Adoption und Reproduktionsmedizin werde der Kirchenbund zu einem anderen Zeitpunkt Stellung beziehen.
Im Zentrum der Kirche stehe das Bekenntnis zu Jesus Christus. «Die Frage des Eheverständnisses hat nach Ansicht des Rats keinen Bekenntnischarakter. Das christliche Bekenntnis ist die starke Grundlage, die innerhalb der evangelisch-reformierten Kirche unterschiedliche Positionen und Ehebilder zulässt», steht in der Mitteilung.
Entscheide zur kirchlichen Trauung liegen in der Kompetenz der Kantonalkirchen
Aufgrund dieser Überlegungen unterbreite der Rat der Abgeordnetenversammlung anlässlich ihrer Sitzung Anfang November 2019 eine Vorlage zur Ehe für alle mit Empfehlungen an die Kantonalkirchen für die kirchliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. Entscheide zur kirchlichen Trauung lägen in der Kompetenz der Kantonalkirchen. Die Abgeordnetenversammlung werde als Legislative am 4. November 2019 über Empfehlungen entscheiden.
Einheit in Vielfalt ist Teil des reformierten Selbstverständnisses
Laut der Mitteilung ist die Einheit in Vielfalt Teil des reformierten Selbstverständnisses. «Zur reformierten Kirche gehören unterschiedliche theologische Strömungen. Diese verschiedenen Stimmen sind wichtig für das Ringen um Wahrhaftigkeit», sagte Gottfried Locher, Ratspräsident des Kirchenbundes. Es sei dem Rat ein Anliegen, auch nach dem demokratischen Entscheid der Abgeordnetenversammlung den Weg als Kirche gemeinsam weiterzugehen.