Kirchenhistoriker Johannes Hartlapp erzählt Geschichten aus der Gründerzeit von Friedensau © Foto: Stephan G. Brass/APD

Deutschland: 120 Jahre Ortschaft und Ausbildungsstätte Friedensau

Friedensau/Deutschland | 03.10.2019 | APD | International

Am 29. September wurde der Ortsgründung und bewegten Geschichte des Ortes Friedensau, Landkreis Jerichower Land in Sachsen-Anhalt, mit einem abwechslungsreichen Programm während des ganzen Tages gedacht. Gleichzeitig wurde die neue überdachte Arena auf dem Zeltplatz feierlich eingeweiht. Fast auf den Tag genau vor 120 Jahren unterzeichneten der Mühlenbesitzer Otto Knochenmuss und der adventistische Missionsdirektor Ludwig Conradi den Kaufvertrag der Klappermühle an der Ihle mit dem dazugehörigen Landbesitz von 34 Hektaren. Heute beherbergt das Gelände die Theologische Hochschule Friedensau in der Trägerschaft der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, ein Seniorenheim sowie einen Pfadfinder-Zeltplatz.

Die Veranstaltung „120 Jahre Friedensau“ fand in Kooperation des Kultur- und Heimatvereins Friedensau e.V. mit dem Zeltplatz Friedensau und unter Förderung der Stadt Möckern statt. Einwohner des Ortes und umliegender Orte sowie Vertreter aus Politik und Kirche nahmen an dem umfangreichen Festprogramm teil. Bereits am Vormittag war die in 15 Monaten neu erbaute Arena auf dem Zeltplatz mit einer Andacht eines Gesellschaftervertreters eröffnet worden. Daran schloss sich ein Rundgang durch das Gebäude an, bei dem die beiden Architekten Meyer-Winderlich und Edmondo Martinez Moreno aus Potsdam die Eigenarten des Rundbaus erläuterten. Weitere Führungen über das Hochschulgelände folgten am Vormittag.

Festakt
Der Festakt am Nachmittag auf dem „Alten Dorfplatz“ mit angrenzender Scheune begann mit dem schwungvollen Gospelsound „Sing out“ von Ron Kenoli durch den Hochschulchor. In seiner Begrüssung an die Gäste betonte der Rektor der Theologischen Hochschule Friedensau, Roland Fischer, dass Friedensau manchmal auf wundersame Weise überlebt habe. Für ihn sei darin Gottes Führung zu sehen.

Grussworte des Möckerner Bürgermeisters und des Präsidenten der überregionalen Kirchenleitung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland folgten.

Kirchengeschichtliches
Kirchenhistoriker Johannes Hartlapp schmückte seinen geschichtlichen Rückblick humorvoll mit Anekdoten aus dem Schulleben. Eine alte Klingeluhr im Arbeitszimmer des Seminarleiters habe damals mit ihren Klingelzeichen den Tagesablauf in Friedensau geregelt, so Hartlapp. Die streng durchgetaktete Tageseinteilung mit Wecken um 5:00 Uhr bis „Licht aus“ um 21 Uhr am Abend, brachte so manchen Zuhörer zum Schmunzeln.

Nach dem Kauf der Klappermühle an der Ihle gaben die Gründerväter dem bereits 1306 urkundlich erwähnten Ort seinen Namen „Friedensau“. Zwei Monate nach Kauf des Geländes im Jahr 1899, startete der Unterricht mit sieben Schülern unter einfachsten Bedingungen in den vorhandenen Gebäuden. Geplant war eine Ausbildungsstätte für Pastoren und Krankenschwestern. Innerhalb der nächsten zehn Jahre entstand laut Chronik ein Ensemble von grossen Lehr- und Wohngebäuden, die bis heute das Erscheinungsbild des Campus prägen. Allesamt im wilhelminischen Baustil errichtet, die heute unter Denkmalschutz stehen. Ausgehend von einem ganzheitlichen Pädagogikmodell wurden zusätzlich ein Sanatorium, Werkstätten und eine Nährmittelfabrik erbaut, die auch einen praktischen Unterricht und gleichzeitig Verdienstmöglichkeiten boten. Vor dem Ersten Weltkrieg nutzten jedes Jahr bis zu 250 Personen die Ausbildungsmöglichkeiten.

In der Zeit zwischen den Weltkriegen wurde ein einziges Gebäude neu gebaut, das sogenannte „Holzhaus“, das aber heute nicht mehr existiert. In der DDR-Zeit seien das jetzige Gästehaus und die Reihenhäuser entstanden, so Hartlapp. Nach 1990 wären alle Gebäude nördlich der Zufahrtsstraße hinzugekommen.

Ausblick
Kanzler Tobias Koch verwies auf die Perspektive, Bildung im Umgang mit der Schöpfung zu vermitteln. Unterstützend wirke dabei auch das Projekt „ausserschulischer Lernort“ zum Thema Natur, das unter Anleitung einer Naturpädagogin Kindergartengruppen, Schulklassen und Studiengruppen Erlebnistage in umliegenden Wäldern und Wiesen und damit die Auseinandersetzung mit der Schöpfung ermögliche.

Neuer Pastor für Friedensau
Bei dieser Gelegenheit stellte Koch auch gleich den neuen Pastor für die Hochschulgemeinde vor. Im Gegensatz zu 120 Jahren Friedensau sei er gerade mal 120 Stunden in Deutschland, erwiderte Stefan Burton-Schnüll den herzlichen Willkommensgruss. Mit seiner Frau Barbara hat der ursprünglich aus Niedersachsen stammende Pastor die letzten sechs Jahre adventistische Kirchgemeinden in New Jersey/USA betreut.

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