Am 23. November fand in Aarau die erste «Porno-frei»-Konferenz statt. Mit mehr als 300 Besuchern wurden die Erwartungen der Organisatoren übertroffen. Die Psychologin Tabea Freitag aus Hannover/Deutschland warnte auf der Fachtagung vor den Auswirkungen und Langzeitfolgen von Pornografie auf Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Dabei kritisierte sie auch die deutsche Politik, schreibt Livenet.ch, evangelikaler Mediendienstleister, in einer Mitteilung.
Mit erschreckenden Zahlen hat die Psychologin Tabea Freitag in ihrem Vortrag die 300 Teilnehmenden der «Porno-frei»-Konferenz auf die Gefahr von Pornografie hingewiesen. Dabei sei der Konsum von pornografischen Inhalten keineswegs nur ein Problem von Teenagern oder Erwachsenen, erklärte sie. Immer mehr habe sie auch mit Fällen zu tun, bei denen Betroffene acht, neun oder zehn Jahre alt seien. Mittlerweile würden mindestens 50 Prozent aller 11 bis 13-Jährigen pornografische Filme schauen. Diese Entwicklung fördere sexuellen Missbrauch. Kinder bekämen ein gestörtes Bild von Sexualität und wollten das Gesehene nachspielen. Pornografie stelle daher für die Psychologin einen der grössten Risikofaktoren für Missbrauch dar.
Pornosucht wird verharmlost
Ein Problem sei, dass Pornosucht in der Gesellschaft nicht ernst genommen werde. Würde man diese Zahlen beim Alkoholkonsum feststellen, wäre der Aufschrei gross, so Freitag, und Massnahmen jeglicher Art würden sofort ergriffen. Dies sei auch bei Pornografie notwendig. Sexualität habe wie Feuer eine starke Brennkraft, zum Guten - wie ein Kaminfeuer, oder bei Pornografie zerstörerisch, wie bei einem Flächenbrand, der alles verzehrt. Man lasse Kinder mit dem Feuer spielen. Daher müsse der Sexualität ein Rahmen gegeben werden. Bei Prostitution und Pornografie werde aber jeder Rahmen überschritten.
«Staat bricht eigene Gesetze»
Entsetzt zeigte sich die deutsche Fachfrau über die Politik ihres Landes, die dem Votum führender Sexualpädagogen folge. Diese würden seit Jahren gebetsmühlenartig die Position vertreten, Pornos seien «harmlos» oder sogar «nützlich» da Minderjährige damit «kompetent» umgehen könnten. Schlussendlich breche der Staat seine eigenen Gesetze, erklärte die Psychologin. In Deutschland ist das Zugänglichmachen von Pornografie an unter 18-Jährige strafbar (Schweiz: bis 16 Jahre) und es ist eine Form von sexuellem Missbrauch, Kinder mit Pornografie zu konfrontieren. Solange der Staat dagegen nichts unternehme, erfülle er seine eigenen Gesetze nicht.
Nicht mehr kollektiv wegschauen
Weiter warf sie Vertretern der «Digitalisierung first»-Politik und der «Ethik einer pluralistischen Beliebigkeit» vor, den Schutz vor verstörenden, traumatisierenden Inhalten den «kleinen Schultern von Kindern» aufzuerlegen. Sie forderte die Gesellschaft auf, nicht mehr kollektiv wegzuschauen. Vielmehr müsse die Devise lauten: «Das Wohl der Kinder first, Digitalisierung second». Es gehöre nicht zur gesunden Entwicklung von Kindern, sich vorzeitig und allein mit Sexualität durch Pornografie auseinanderzusetzen.
Prävention an Schulen
In ihrer Arbeit mit der Fachstelle Mediensucht «return» in Hannover/Deutschland bieten Tabea Freitag und ihre Kollegen nicht nur Hilfe für Betroffene an, sondern führen mit ihrem Präventionsprogramm «Fit for Love?» auch Schulstunden und diverse Präventionsprojekte mit Jugendlichen durch. Dabei gehe es vor allem auch um die Vermittlung eines ganzheitlichen Verständnisses von Sexualität. «Viele Mädchen schauen beispielsweise Pornos, um herauszufinden, was von ihnen erwartet wird – unabhängig von ihren eigenen Wünschen. Die Erwartungen der Jungs werden im Umkehrschluss ebenfalls von vornehmlich harter und gewaltsamer Pornografie gefüttert». Die Auswirkungen dieses Selbststudiums seien fatal, denn Sex sei viel mehr als nur ein körperlicher Trieb. Deswegen zerstöre sexueller Missbrauch das Gefühl für die eigene Würde, die Grenzen und die Sicherheit der Opfer.
Mediensuchtprävention
Die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler zeigten, dass sie erleichtert und dankbar seien, wenn sie mit ihren ambivalenten Gefühlen bezüglich Pornografie nicht mehr allein gelassen würden. Leider räumten Schulen der Porno-Prävention nur wenig Zeit ein. «Häufig bekommen wir nur 90 Minuten Zeit, um in einer Klasse den gesamten Bereich der Mediensuchtprävention zu unterrichten. Das ist viel zu wenig Zeit für diese Thematik!»
Zur Initiative «Porno-frei»
Neben diversen Fachvorträgen bot die Tagung auch Raum für Seminare und Erfahrungsaustausch. Dies entspricht der Gesamtvision der Initiative Porno-frei.ch: Diese ist ein Kooperationsprojekt verschiedener Organisationen im deutschsprachigen Raum, die gemeinsam das Ziel verfolgt, Menschen in eine Beziehungssexualität zu führen, die befriedigend ist und die ein Paar «in guten wie in schlechten Zeiten» zueinander hinzieht. Die Initiative richtet sich an Pornokonsumenten sowie deren Angehörige, Pastoren und Seelsorger.
Mehr Infos zur Initiative: https://porno-frei.ch/