Erstmals wurde im Rahmen des World Economic Forum WEF in Davos, am 24. Januar, die bedrängte und verfolgte Kirche in Subsahara-Afrika und damit die Religionsfreiheit thematisiert. Bei rund 260 Millionen direkt Betroffenen würden auch Wirtschaft und Gesellschaft tiefgreifend geschädigt, heisst es in der Medienmitteilung der Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit AGR.
«Unternehmen und Wirtschaftsführer spielen eine wichtige Rolle, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern, zu friedensfördernden Massnahmen beizutragen und ein Umfeld zu schaffen, das die Christen vor den zunehmenden islamistischen Angriffen in Westafrika schützt», sagte Wissam al-Saliby, Advocacy Beauftragter, der Weltweiten Evangelischen Allianz (World Evangelical Alliance WEA) und Moderator des Panels. Unter dem Titel «Mehr Unsicherheit in West-Afrika: Auswirkungen auf die sozialen, religiösen und wirtschaftlichen Verhältnisse» wurde im «Tradeshift-Sanctuary», der fürs WEF umgebauten Kirche, diskutiert.
Steigerung islamistischer Angriffe in Subsahara-Region
Viele islamistische Angriffe finden statt, insbesondere in Burkina Faso, Nigeria, Niger und Mali, aber auch in anderen Ländern der Subsahara-Region. Von mehreren hundert, die sich vor etwa zehn Jahren ereigneten, wurden 3500 im Jahr 2019 registriert. «Die Angriffe haben deutlich zugenommen», erklärt Illia Djadi, Journalist und Analytiker für Religionsfreiheit in Westafrika.
Angriffe haben verheerende Folgen: vergiftetes gesellschaftliches Klima
«Der sozio-ökonomische Impact ist riesig. Diese Länder gehören zu den ärmsten der Welt. Mehr als 2.000 Schulen mussten in Burkina Faso schliessen, über 300.000 Kinder sind ohne Bildung.» In Mali und Niger ist der Effekt ähnlich. «Ethnische und religiöse Gruppen, die früher friedlich zusammenlebten, werden gegeneinander aufgestachelt. Moderate Muslime sind ebenfalls wie Christen zu Zielen geworden.»
Aufwiegelung destabilisiert Wirtschaft in Nigeria
Pastor Gideon Para-Malla, Förderer von Frieden und Versöhnung aus Jos, Zentralnigeria und Gründer der «Para-Mallam Friedensstiftung» meint: «Investment-Möglichkeiten sind gross in Nigeria. Wir sind rund 200 Millionen Menschen.» Christen und Muslime lebten als gute Nachbarn. Aber durch die Aufwiegelung seien viele Christen umgebracht worden und muslimische Fulani-Milizen würden Schutzgelder erpressen. Wachsende Unsicherheit erfolge durch Boko Haram sowie den IS, was die Wirtschaft destabilisiere.
Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen
Para-Malla erklärt, dass die Straffreiheit für die Täter verheerend ist. «Die Friedensbildung ist nötig, die Jugend ist gefährdet, weil sie beginnen will, sich zu wehren und Rache zu üben.» Wichtig ist, dass die Weltgemeinschaft dem Land beisteht und die Regierung die Täter zur Rechenschaft zieht. «Seit Jahren geschehen täglich Morde, Vergewaltigungen und Entführungen. Die Regierung muss mehr tun. Dazu braucht es diplomatischen Einfluss. Die internationale Gemeinschaft muss mehr Interesse zeigen.»
Burkina Faso neu auf dem Weltverfolgungsindex
Früher war Burkina Faso bekannt für ein friedliches Miteinander der Religionen. Mit dem Aufkommen militanter muslimischer Gruppen, die von Mali aus eindrangen, gibt es inzwischen No-Go-Areas für Europäer. «Kirchen wurden niedergebrannt, Pastoren und Gottesdienstbesucher wurden umgebracht», bilanziert Illia Djadi. «Die Menschen werden getötet wegen ihres Glaubens.» Die Instabilität wächst. Erstmals findet sich Burkina Faso auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors, auf Position 28.
Wird die Entwicklung des Landes jetzt nicht gestützt, übernehmen die wirtschaftlich potenten Islamisten-Gruppen und drohen, die gesamte Subsahara-Region zu destabilisieren. «Die Lage ist düster. Deshalb sind wir hier», hält Wissam al-Saliby fest.
Religionsfreiheit möglicherweise alljährlich Thema am WEF
Hinter dem Panel in Davos stand neben der Weltweiten Evangelischen Allianz deren Schweizer-Zweig, die Schweizerische Evangelische Allianz SEA-RES. Philippe Fonjallaz, Vize-Präsident der SEA-Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit AGR und Direktor von «Open Doors» Schweiz bilanziert: «Es geht nicht einzig um die Christen, sondern um eine Krise, die einen Einfluss auf die ganze Gesellschaft in diesen Ländern hat. Ebenso wird die Politik destabilisiert – was auch Folgen für die Wirtschaft und Sicherheit in Europa haben kann.»
SEA-RES-Generalsekretär Marc Jost war laut der SEA-Mitteilung beindruckt von den bewegenden Berichten aus Afrika und der Möglichkeit das wichtige Anliegen in Davos zu präsentieren: «Wir sind gewillt, die AGR darin zu unterstützen, dass die Religionsfreiheit künftig alljährlich am WEF aufgenommen und zur Sprache gebracht werden kann.»