In einer gemeinsamen Erklärung berichten die Hilfsorganisationen Sea-Eye, Sea-Watch und SOS MEDITERANEE über die dramatisch zugespitzte humanitäre Lage im zentralen Mittelmeer. Wegen angeblicher Sicherheitsmängel seien fast alle aktiven Seenotrettungsschiffe in Italien festgesetzt, obwohl in den letzten Wochen mehr Menschen versuchten, in seeuntauglichen Booten aus Libyen zu fliehen. Derzeit sei kein ziviles Seenotrettungsschiff im Mittelmeer im Einsatz.
Verhinderung von Rettungen mit fadenscheinigen Begründungen
Erneut würden zivile Seenotrettungsorganisationen mit fadenscheinigen Begründungen am Auslaufen gehindert, um das Anlanden von Geretteten in Europa mit allen Mitteln zu verhindern. Zu solchen absurden Vorwürfen gehöre zum Beispiel, dass eine Organisation die Umwelt fahrlässig verschmutze, weil auf ihren Mülltonnen keine Mengenangaben stehen. Gleichzeitig werde mehreren Organisationen vorgeworfen, nach Rettungen mehr “Passagiere” befördert zu haben, als in ihren Schiffspapieren angegeben sei. Unter den von den Behörden blockierten Schiffen seien auch die Schiffe der deutschen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) Sea-Eye und Sea-Watch, sowie der europäischen NGO SOS MEDITERRANEE. Die Organisationen forderten die sofortige Freilassung der festgesetzten und am Einsatz gehinderten zivilen Rettungsschiffe, damit diese schnellstmöglich wieder auslaufen könnten. Mit mehreren Mitgliedern des Nothilfebündnisses „Aktion Deutschland hilft“ fördert auch die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe „ADRA Deutschland e.V.“ den Einsatz von SOS MEDITERRANEE.
Humanitärer Skandal
Alleine in den letzten acht Wochen hätten die zivilen Aufklärungsflugzeuge von Sea-Watch im zentralen Mittelmeer über 2.100 Personen in Seenot dokumentiert. In vielen dieser Fälle seien die Menschen durch die sogenannte libysche Küstenwache völkerrechtswidrig nach Libyen zurückgebracht worden. Am 26. Juli seien bei einer Schiesserei drei Geflüchtete in Libyen getötet worden, die zuvor von der sogenannten Küstenwache dorthin zurückgebracht wurden. Die europäischen Rettungsleitstellen seien ihrer Verpflichtung, Seenotfälle zu koordinieren und den Überlebenden einen sicheren Hafen zuzuweisen, wiederholt nicht nachgekommen. Dabei hätten europäische Behörden billigend in Kauf genommen, dass hunderte Menschen in den letzten Monaten auf dem Mittelmeer ertranken. Die Ereignisse der letzten Wochen zeigten die Notwendigkeit ziviler Seenotrettungsschiffe vor Ort – ihre gezielten Blockierungen sorgten dafür, dass die Situation sich weiterhin zuspitze.
“Seit Jahren müssen wir dabei zusehen, wie im Mittelmeer auf dem Rücken schutzsuchender Menschen Politik gemacht wird“, sagt Jana Ciernioch, politische Referentin von SOS MEDITERRANEE. „Die Festsetzung ziviler Schiffe ist der jüngste Versuch …, die Ankünfte in Europa während der Sommermonate zu reduzieren.“ Diese Taktik, um jeden Preis zu verhindern, dass gerettete Menschen nach Europa gebracht werden, sei zynisch und menschenverachtend.
Angesichts der aktuellen Lage rufen Sea-Eye, Sea-Watch und SOS MEDITERRANEE die europäischen Behörden dazu auf, die Schiffe sofort freizulassen, damit sie wieder in den Einsatz fahren können. In diesem Zusammenhang werde die deutsche Bundesregierung dazu angehalten, die Ratspräsidentschaft für die längst überfällige Einführung eines solidarischen europäischen Verteilmechanismus für Gerettete und einer europäisch koordinierten Seenotrettung zu nutzen. Die europäischen Behörden müssten jetzt Verantwortung übernehmen!