Laut den Kirchen in Syrien, ist während dem zehnjährigen Krieg, der am 15. März 2011 begann, die christliche Minderheit im Land von zwei Millionen auf rund 600.000 Personen geschrumpft. Das berichtet Open Doors (OD), überkonfessionelles christliches Hilfswerk, das sich in über 60 Ländern für verfolgte Christen einsetzt.
Im Frühjahr 2011, im Zuge des Arabischen Frühlings, führten regierungsfeindliche politische Demonstranten und deren versuchte Unterdrückung durch den Staat zu einem bewaffneten Konflikt, der Hunderttausende von Menschenleben kostete und Millionen Syrer vertrieb. Vor Beginn des Konflikts zählte die Bevölkerung Syriens 23 Millionen, davon waren acht Prozent oder zwei Millionen Christen.
Ein 30-jähriger Einwohner von Aleppo und lokaler Partner von Open Doors berichtet von den massiven Auswirkungen des Kriegs: «Innerhalb einer Woche wurde unser Leben auf den Kopf gestellt. Von einem Tag auf den anderen wurden die Kontrollpunkte von den Rebellen übernommen, dann gab es Angriffe und die Leute gingen in grossen Zahlen weg. Darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet, und die Kirchen in der Stadt auch nicht.»
Bevölkerungsverschiebungen verursachen Probleme zwischen Muslimen und Christen
Der lokale OD-Partner schildert die schwierigen Lebensbedingungen: Zwei Stunden Strom am Tag, bis zu fünf Stunden Wartezeit, um Brot zu kaufen, eine grassierende Inflation, die Miete sei höher als das Durchschnittsgehalt und der Benzinmangel lähme das Land. So hätten auch die Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften zugenommen, weil die Muslime und Christen früher je in abgegrenzten Stadtvierteln voneinander gelebt hätten. Jetzt seien sie oft Nachbarn, was aufgrund der unterschiedlichen Lebensweisen zu Problemen führe.
Massive Vertreibung und Ausdünnung der christlichen Gemeinden
Während sich der bewaffnete Konflikt in Syrien heute im Wesentlichen auf die nordöstlichen und nordwestlichen Regionen des Landes beschränkt, ziehen laut OD die Kirchen Bilanz. Von zwei Millionen sei die christliche Minderheit auf 600.000 Gläubige geschrumpft. Jede Familie habe eines ihrer Mitglieder verloren, sagt der lokale OD-Partner in Aleppo. «Der Krieg hat den versteckten Hass zwischen Christen und Muslimen zum Vorschein gebracht. Nachbarn sind zu Feinden geworden, und in einigen Gebieten, wie zum Beispiel Raqqa, stirbt die gesamte christliche Präsenz aus.»
Die Rolle der Kirchen im Konflikt
Der Krieg habe es den Kirchen ermöglicht, ihren Dienst an der Gesellschaft auszuweiten. «Plötzlich waren sie in der Lage, eine führende soziale Rolle wahrzunehmen, Lebensmittel, Decken und Kleidung an Bedürftige zu verteilen, Unterkünfte zu vermitteln oder Menschen an einen sichereren Ort zu bringen.» Laut OD seien die Kirchen von internationalen Organisationen als sichere Partner anerkannt worden, und konnten in einem Kontext, in dem der radikale Islamismus auf dem Vormarsch ist, eine Rolle der Moderation übernommen.
Dem Exil widerstehen, bevor man an den Wiederaufbau denkt
«Die internationalen Sanktionen, die auf unserem Land lasten, treffen die Bevölkerung hart.» Früher wären die Menschen vor Raketenbeschuss geflüchtet, heute würden die Sanktionen knechten, so der OD-Partner in Aleppo, der über die Aufforderungen zum Wiederaufbau seines Landes lächelt: «Uns wird gesagt, dass wir unser Land wieder aufbauen müssen. Aber so wie die Dinge stehen, müssen wir zuerst einfach dafür sorgen, dass die Vertreibung von Menschen meiner Generation eingedämmt wird. Als Christ bin ich überzeugt, dass mein Platz in Aleppo ist, um anderen Christen zu helfen, Hoffnung zu schöpfen. Die Rolle der Kirche ist es, Salz und Licht inmitten dieser langen Nacht zu sein.»
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