Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Deutschland rief am 16. Juli 2021, zwei Tage nach der Flutkatastrophe im Ahrtal in Rheinland-Pfalz, zu Spenden auf. Dank der grossen Hilfsbereitschaft konnte ADRA bis zum 31. Dezember insgesamt 2.024 Projekte im Flutgebiet unterstützen. Ende 2021 betrugen die Gesamtausgaben für Hochwassergeschädigte rund acht Millionen Euro (8,3 Millionen Franken). Die Hilfe wird finanziert durch Privatspenden und Spenden aus dem Bündnis Aktion Deutschland Hilft (ADH), bei dem ADRA Gründungs- und Bündnismitglied
Vier Grossprojekte
Unter den geförderten Vorhaben sind laut dem ADRA-Positionspapier „Erkenntnisse aus der Fluthilfe 2021“ vom Januar 2022 auch vier grössere Projekte. Der Verein für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau Die AHRche e. V. erhält eine Fördersumme von 215.000 Euro (223.000 Franken) für die Begegnungsstätte „Dorfplatz“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Für den Kindergarten in Swisttal-Heimerzheim mit Räumlichkeiten für bis zu 100 Kinder stehen für Konzepterstellung, Aufbau- und Sanierungsmassnahmen 280.000 Euro (291.000 Franken) bereit. Das „Haus der offenen Tür“ in Sinzig, eine Anlaufstelle für Kinder- und Jugendbetreuung, wird mit 211.600 Euro (220.000 Franken) gefördert. 630.000 Euro (654.000 Franken) erhält die Lebenshilfe Kreisvereinigung Ahrweiler e. V. für eine Wohnstätte für Menschen mit Behinderung in Sinzig. Bezuschusst werden die Konzepterstellung, Umbau- und Sanierungsmassnahmen sowie der Wiederaufbau der Wohnstätte für 36 Menschen mit Behinderung.
Soforthilfe für gemeinnützige Einrichtungen
Als Gründungs- und Bündnismitglied der Aktion Deutschland Hilft (ADH) könne ADRA von einer starken Gemeinschaft profitieren. Stärken zu nutzen bedeute, sich seiner eigenen zu besinnen, aber auch sich Partnern anzuschliessen. In Katastrophen wie dieser sei die Zusammenarbeit Vieler unverzichtbar. Da die Aktivitäten sehr vielfältig waren und grosse Flächen abgedeckt werden mussten, habe es innerhalb des Engagements verschiedene Schwerpunktsetzungen gegeben. ADRA konzentrierte sich laut Positionspapier auf die soziale Infrastruktur mit dem Schwerpunkt der Kinder- und Jugendhilfe. Geförderte Einrichtungen waren vor allem Elterninitiativen, an Schulen angeschlossene Fördervereine und Kindergärten. Insgesamt erhielten 79 Einrichtungen für Soforthilfemassnahmen jeweils bis zu 30.000 Euro (31.000 Franken).
Soforthilfe für über 1.700 Haushalte
Im Vergleich zu anderen im Inland tätigen Katastrophenorganisationen hat ADRA weniger flächendeckende Strukturen. Deshalb war eine detaillierte Bedarfsanalyse vor Ort von einzelnen Haushalten nicht möglich. Das konnte jedoch die AWO Rheinland e. V. leisten, sodass ADRA diese Organisation mit 2,8 Millionen Euro (2,9 Millionen Franken) Bargeldhilfe unterstützte, die 1.755 Haushalten zugutekamen. Das kleine ADRA-Team konzentrierte sich auf die schnelle, unbürokratische Sichtung der Anträge und auf Besuche vor Ort. Obwohl ADRA als Organisation kein Büro im Flutgebiet hatte, gab es mehrmals die Woche Reisen von mindestens zwei Angestellten in das Gebiet, um die Lage vor Ort gründlich beurteilen zu können.
Landwirtschaftliche Kleinbetriebe
Durch die Flutkatastrophe sind auch viele landwirtschaftliche Kleinbetriebe betroffen. ADRA entschied sich daher gemeinsam mit LandsAid und der Schorlemer Stiftung des Deutschen Bauernverbandes Soforthilfe zu leisten. Es erfolgte unbürokratisch eine Auszahlung von 15.000 Euro (15.500 Franken) pro Betrieb. Insgesamt wurden für die Beseitigung von Schäden durch die Flutkatastrophe und zur schnellen Existenzsicherung rund eine Millionen Euro (1,03 Millionen Franken) für 66 Betriebe bereitgestellt. Durch die Prüfung der Schorlemer Stiftung sei sichergestellt worden, dass eine Doppelfinanzierung vermieden wurde. Die Antragsstellung erfolgte über die regionalen Bauernverbände, die Auszahlung durch die Stiftung, sodass in der Partnerschaft wirksame Synergien geschaffen wurden. Anträge wurden von Mitte August bis Ende September angenommen.
Effektive Mikroorganismen
Durch die Flutkatastrophe wurden auch Gift- und Schadstoffe angeschwemmt, die sich in den Häusern und Gärten absetzten. ADRA stellte deshalb effektive Mikroorganismen (EM) zur Bekämpfung von Geruch und Schimmel bereit. Im Monat September wurden 38.520 Liter und 686 Drucksprühgeräte in 20 Ausgabestellen im Flutgebiet kostenlos an Betroffene verteilt. In Schulungen wurde über die richtige Anwendung und Dosierung der flüssigen EM informiert. Bei EM handelt es sich um eine Mischung verschiedener mikroskopisch kleiner Lebewesen. Auf verunreinigte Flächen aufgetragen neutralisieren sie gesundheitsschädliche Fäulnis- und Geruchsbakterien. Die EM kommen ohne Chemie aus und sind zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Effektive Mikroorganismen wurden schon in der Vergangenheit bei den Hochwassern an Oder und Elbe erfolgreich eingesetzt.
ADRA soteria gGmbH für Inlandseinsätze gegründet
„Katastrophenschutz muss schneller, transparenter, zugänglicher gestaltet werden“, betont ADRA Deutschland in seinem Positionspapier. Daher habe das international tätige Hilfswerk erste Entscheidungen gefällt, um in Zukunft noch effektiver auf Krisen einzugehen. Mit der Gründung der ADRA soteria gGmbH, eine Einrichtung ausschliesslich für Einsätze im Inland, die schon in der jetzigen Flutkatastrophe aktiv sei, sei eine Grundlage für schnelles Reagieren in Zukunft geschaffen worden. ADRA soteria habe massgeblich den Aufbau von Containerdörfern und die Verteilung von Flutküchen im Ahrtal unterstützt.
Das ADRA-Positionspapier kann im Internet heruntergeladen werden unter https://adra.de/wp-content/uploads/2022/01/LessonsLearned_Fluthilfe_14.01..pdf
ADRA Deutschland
ADRA Deutschland ist Teil eines weltweiten Netzwerks mit 118 eigenständigen Länderbüros und etwa 7.500 hauptamtlichen Mitarbeitenden. ADRA Deutschland e.V. wurde 1987 von der evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten gegründet und führt Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe durch. Das deutsche Büro mit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befindet sich in Weiterstadt bei Darmstadt, wenige Fahrstunden vom Flutgebiet entfernt. Weitere Informationen unter www.adra.de.