Die Vereinten Nationen begehen den 22. August 2022 als Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung. Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit gehört zu den Menschenrechten, die in der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind. Dieses Recht wird nach Auffassung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in zahlreichen Staaten systematisch gebrochen.
„Die Gewalt gegen Gläubige ist weltweit auf dem Vormarsch. Täter werden nicht verfolgt und die Opfer werden von den Staaten nicht geschützt. Zum Teil sind die Opfer von glaubensbedingter und antireligiöser Verfolgung systematischer staatlicher und juristischer Unterdrückung ausgesetzt“, kritisiert Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM.
Totalitäre Staaten betrachten Gläubige als Gefahr
Laut IGFM betrachteten totalitär regierte Staaten wie China, Nordkorea, Vietnam, Laos oder Kuba, Gläubige, die sich einer staatlichen Anleitung und Registrierung widersetzten, als Gefahr für die Machthaber. Sie würden mit juristischen, geheimdienstlichen, polizeilichen und erzieherischen Massnahmen drangsaliert. Oft ende die Unterdrückung und Gleichschaltungspolitik für die Opfer in sozialer Isolation, Gefängnissen, Psychokliniken oder Zwangsarbeitslagern.
Islamische Staaten und das hinduistisch geprägte Indien drangsalieren Minderheiten
In islamischen Staaten wie Ägypten, Iran, Saudi-Arabien, Pakistan, der Türkei oder in dem zu 80 Prozent hinduistischen Indien gehen gemäss IGFM die Menschenrechtsverletzungen zuerst von religiösen Mehrheiten aus und richten sich gegen Minderheiten.
Gewalt gegen Gläubige im Iran und in Pakistan
Die IGFM weist gezielt auf Gewalt gegen Gläubige in Iran und Pakistan hin:
In der Islamischen Republik Iran werden Andersgläubige, vor allem Bahá’í, konvertierte Christen und Sufis, Opfer von Gewalthandlungen sowohl durch fanatische Anhänger der schiitischen Staatsreligion, als auch durch staatliche und halbstaatliche Verfolger. Die grösste religiöse Minderheit, die Bahá’í, wurde in den letzten 44 Jahren kontinuierlich wegen ihres Glaubens verfolgt. Seit Anfang Juni wurden mehr als 100 Bahá’í im gesamten Iran festgenommen, inhaftiert oder mussten Hausdurchsuchungen und Geschäftsschliessungen über sich ergehen lassen.
Angehörige der Bahá’í-Gemeinde im Fokus der iranischen Regierung
Weiter berichtet die Menschenrechtsorganisation: Allein im Juni wurden 26 Bahá’í vom Revolutionsgericht in Shiraz zu insgesamt 85 Jahren Haft und 24 Jahren innerstaatlicher Verbannung verurteilt, was bereits auf eine Verschärfung der systematischen Kampagne der iranischen Regierung gegen die grösste nicht-muslimische religiöse Minderheit des Landes hindeutete. Dieser Eindruck bestätigt sich wenige Wochen später. So fanden am 31. Juli 52 Razzien statt, bei denen 13 Bahá’í verhaftet wurden, darunter drei Mitglieder des ehemaligen Führungsgremiums der iranischen Bahá’í-Gemeinde (sog. Yaran), die bis 2017 bereits zehn Jahre in Willkürhaft verbracht hatten. Mindestens einer von ihnen, Herr Afif Naemi, wird in Isolationshaft im Evin-Gefängnis gehalten, aus dem immer wieder von Folter und menschenunwürdigen Haftbedingungen berichtet wird. Bereits bei seiner zehnjährigen Haft wurde ihm die notwendige medizinische Behandlung verwehrt.
Religiös motivierte Menschenrechtsverletzungen gegen Mädchen und junge Frauen
Religiös motivierte Gewaltanwendungen durch Entführungen, Missbrauch und Zwangsislamisierung von nichtmuslimischen Mädchen und jungen Frauen seien beständige Menschenrechtsverletzungen vor allem in Ägypten, Nordnigeria und Pakistan. Die Regierungen seien demnach nicht an einer Strafverfolgung der Täter interessiert und blockierten zum Teil die Initiativen von betroffenen Angehörigen. In vielen Fällen würden die Eltern oder Verwandte der Opfer kriminalisiert, wenn sie Aufklärung forderten oder Täter identifizierten.