Die Referenten (v.li.): Lukas Gerber, Christian Schneider, Philipp Hadorn © Fotos: ChristNet

ChristNet-Forum: Gehört christliche Nächstenliebe in die Politik?

Bern/Schweiz | 18.09.2023 | APD | Schweiz

«Nächstenliebe ins Bundeshaus» war das Thema des ChristNet-Forums vom 16. September in Bern. Im Vorfeld der nationalen Wahlen äusserten sich laut der ChristNet-Medienmitteilung der Theologe Lukas Gerber, Hilfswerk-Mitgründer Christian Schneider und der Solothurner Alt SP-Nationalrat Philipp Hadorn dazu je aus ihrer Perspektive.

Christengemeinde muss Stimme erheben, wo es ungerecht zugeht
«Gehen Politik und Bibel zusammen?», fragte der Theologe und Doktorand Lukas Gerber. Er beleuchtete Aussagen des Neuen Testaments und die vom Theologen Karl Barth aufgeführten unterschiedlichen Aufgaben der Christengemeinde und der Bürgergemeinde. Jesus habe kaum über die politischen Ungerechtigkeiten Roms gesprochen, doch seine Reden und Taten «waren hochpolitisch und gefürchtet», so Gerber. Bis heute fürchteten sich gerade autoritäre Regimes vor einem politischen Kontrollverlust wegen dem Christentum. Nach Karl Barth schützt die Bürgergemeinde vor Chaos, die Christengemeinde hat ein Wächteramt gegenüber dem Staat und «muss dort ihre Stimme erheben, wo es ungerecht zugeht».

Armutsgefälle in der Welt
Christian Schneider legte das Armutsgefälle in der Welt dar und mahnte: «Vom Sparen und Reichwerden wird im Evangelium eher gewarnt!» Als Mitgründer des Hilfswerks Onesimo lebte Schneider 13 Jahre in den Slums von Manila/Philippinen. Mit einem bescheidenen Budget werden dort an 40 Standorten ehrenamtlich therapeutische Gemeinschaften, Drogentherapiestationen, Berufsausbildungen für Jugendliche und Slum-Kirchen betrieben. «Wir zahlen keine Löhne, keine Mieten und unsere effektive und gute Arbeit unten den Ärmsten wird vom Bund – abgesehen von der Steuerbefreiung für Spenden – mit keinem Franken unterstützt», so Schneider.

In der Politik geht es um die bestmögliche Lösung, nicht um Ideale
Alt Nationalrat Philipp Hadorn (SP/SO) sprach zur Nächstenliebe in der Bundespolitik. Politikerinnen und Politiker dürften nicht aus Betroffenheit handeln, sondern sachlich reflektiert. Es gehe um die bestmögliche Lösung, nicht um Ideale. Dennoch: «Beim Politisieren ist die Grundhaltung wichtig.» Hadorn ist froh, dass der Staat einen säkularen Rahmen festlegt und Spielregeln vorgibt, die für alle gelten. «Das stabile politische System ist ein Segen für die Schweiz.» Der Referent führte politische Themen auf, bei denen Nächstenliebe eine Rolle spielt. In christlichen Kreisen gibt es verschiedenen Meinungen dazu, doch Hadorn vermisst die Auseinandersetzung dazu.

ChristNet
ChristNet ist laut Selbstbeschreibung ein Bet-, Denk- und Aktionsforum, das gesellschaftspolitische Themen aus der christlichen Perspektive der Nächstenliebe (Mk. 12.29ff) kritisch-optimistisch behandelt und umsetzt. Dadurch sollen Menschen für die von Jesus Christus initiierte Welt voller Hoffnung, Liebe, Gerechtigkeit, Freiheit und Lebensbejahung sensibilisiert werden.

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