Kostiantyn Sych, Strategie- und Organisationberater bei ADRA Ukraine. © Foto: ADRA Ukraine

ADRA Ukraine: «Früher waren wir nur ein Zug, jetzt werden wir auch ein Gleis»

Kostiantyn Sych ist verantwortlich für die Entwicklungsstrategie, die Optimierung der Arbeitsabläufe und die Gewährleistung einer effektiven Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen und Mitarbeitenden bei ADRA Ukraine.

In einem Interview, welches die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Ukraine auf ihrer Webseite publizierte, erläuterte Sych die Entwicklung des Hilfswerks nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022.

Nach offenem Kriegsausbruch 2022: ADRA reagiert auf dringendste Bedürfnisse
In der ersten Zeit nach dem offenen Kriegsausbruch 2022 habe ADRA nicht wirklich planen können, sondern musste auf die jeweils dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung mit vielen kleinen Projekten reagieren, die sehr erfolgreich gewesen seien. ADRA Ukraine habe damals schwerpunktartig mit dem Welternährungsprogramm (WFP) der UNO zusammengearbeitet und Nahrungsmittelhilfe geleistet. Ausserdem habe ADRA mit staatlichen Hilfswerken von Kanada, Japan und der Slowakei im humanitären Bereich kooperiert. Dabei habe ADRA Ukraine vor allem humanitäre Projekte der Geldgeber implementiert, wie ein Zug, der Waren von A nach B transportiere. Diese Zeit sei nicht einfach gewesen und man habe Erfolge und Misserfolge zu verzeichnen gehabt.

2023 sei es dann aufgrund der stabileren Situation im Land möglich gewesen, eine Strategie inklusive Langzeitplanungen zu entwickeln, welche dazu geführt hätten, dass sich die Aktivitäten des Hilfswerks im Laufe der Jahre auf hohem Niveau etabliert haben.

Wir sind nun ein «Gleis» auf dem sich andere «Züge» bewegen können
«Wir initiieren jetzt viele neue Projekte, um eine Plattform für die Entwicklung anderer Organisationen zu werden. Das bedeutet, dass wir jetzt nicht nur ein „Zug“ sind, der humanitäre Güter von A nach B bringt, sondern auch ein „Gleis“, auf dem sich andere ähnliche „Züge“ bewegen können. Dazu schliesse ADRA mit anderen Hilfswerken sowie kirchlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Organisationen Zusammenarbeitsverträge. Wir entwickeln uns zu einer Plattform, auch einer digitalen, um in den Bereichen Gesundheit und Bildung zu helfen, die unsere beiden Prioritäten sind - die Entwicklung von Gesundheit und Bildung für alle Ukrainer», so Sych.

Strategie: Was wir machen und was wir nicht machen
Demnach beinhalte die neue Strategie nicht nur jene Bereiche, in denen man aktiv sein wolle, sondern auch jene, in denen sich ADRA Ukraine nicht engagieren wolle. Kleine Projekte würden nicht mehr selbst ausgeführt, sondern an kleinere Hilfsorganisationen weitergeleitet.

«Unsere Strategie beinhaltet eine Verlagerung von der Quantität der Projekte und der Geber zur Qualität. Obwohl die Zahl der Projekte zurückgegangen ist, sind die Projekte selbst viel grösser geworden - sowohl in Bezug auf die Finanzierung als auch auf die Reichweite und die Zahl der Begünstigten», sagte der Strategie- und Organisationberater.

Herausforderungen: Sicherheit, Mitarbeiterförderung, Finanzierung
Das Hilfswerk habe mit drei grossen Herausforderungen zu kämpfen: Die erste sei die Sicherheit der ADRA-Mitarbeitenden. Die Busfahrer, die Menschen aus den umkämpften Gebieten evakuierten, arbeiteten rund um die Uhr unter schwierigen Bedingungen.

Eine zweite Herausforderung bestehe darin, für die Angestellten, die wöchentlich 40 bis 46 Stunden arbeiten würden, Finanzen zu finden, um sie zu schulen, weiterzubilden und Teamausflüge zu organisieren.

Die dritte Herausforderung bestehe in der unzureichenden Finanzierung zur Unterstützung der Fachkräfte. Das Hilfswerk sei ständig auf der Suche nach zusätzlichen Finanzierungsquellen, um das Team über das Geld hinaus, das über die Projektarbeit durch die Geber hereinkomme, zu unterstützen, so Kostiantyn Sych.

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