Oberärztin Dr. Cornelia Strunz vom Desert Flower Center am Krankenhaus Waldfriede und Sozialarbeiterin Virginia Wangare Greiner (Maisha e. V.) wurden für ihren Einsatz gegen Genitalverstümmelung mit dem „HeldinnenAward“ der Alice-Schwarzer-Stiftung geehrt.
Am Krankenhaus Waldfriede in Berlin-Zehlendorf werden viele Frauen und Mädchen behandelt, deren äußere Genitalien verstümmelt wurden. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem dort ansässigen Desert Flower Center. Es wurde im September 2013 eröffnet und war das erste Center dieser Art weltweit. Unter der ärztlichen Leitung von Chefarzt Dr. Roland Scherer hat sich Oberärztin Dr. Cornelia Strunz von Beginn an in herausragender Weise engagiert, heisst es in einer Mitteilung des Krankenhauses Waldfriede. Dort werden verstümmelte Genitalien durch Operationen wiederhergestellt.
Laudatio von Waris Dirie, Ex-Top-Model und Autorin
Am 25. Oktober 2024 wurde Oberärztin Dr. Cornelia Strunz deshalb im Roten Rathaus Berlin für ihren unermüdlichen Einsatz für Frauen mit Genitalverstümmelung mit dem „HeldinnenAward“ der Alice Schwarzer Stiftung geehrt. Weitere Preisträgerin ist die deutsch-kenianische Sozialarbeiterin Virginia Wangare Greiner, die mit ihrer Organisation Maisha e. V. in Frankfurt am Main genitalverstümmelte Frauen berät und weitere Genitalverstümmelungen durch Aufklärung verhindern will. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
Die Laudatio hielt Waris Dirie. „Ich kann nicht glauben, dass ich hier nach 40 Jahren immer noch stehe und dieses Verbrechen anprangern muss!“, sagte sie laut der Zeitschrift EMMA. „Schämt euch, dass ihr es nicht geschafft habt, die Genitalverstümmelung abzuschaffen!“ Und das gelte nicht nur für Afrika, sondern auch für Europa. 230 Millionen Frauen seien weltweit betroffen, allein in Deutschland lebten 75.000 Mädchen und Frauen, denen Klitoris oder, je nach Art der Verstümmelung, auch innere und äussere Schamlippen entfernt worden. Weitere 20.000 Mädchen seien hierzulande akut von der Verstümmelung bedroht – mitten in Deutschland, so EMMA. Zwar stünden auf dieses Verbrechen inzwischen bis zu 15 Jahre Gefängnis, aber es habe trotz über 70.000 Betroffenen bis heute nicht eine einzige Anzeige wegen Klitorisverstümmelung gegeben. Man könne sich nicht darauf zurückziehen, dass das zu „unserer Kultur gehört“, so Waris Dirie. „Diese Kinder sind auch eure Kinder!“ Und schliesslich: „I want this to be over!“, sagte sie laut EMMA.
Ihr aufrüttelndes Buch Wüstenblume erschien 1998. Darin beschreibt sie ihre eigene Lebensgeschichte: wie sie selbst im Alter von fünf Jahren eine Genitalverstümmelung über sich ergehen lassen musste, wie sie mit 13 Jahren aus Somalia nach England floh, dort mit 18 Jahren als Model entdeckt wurde und seither gegen diese grausame Praxis kämpft. Das Desert Flower Center (DFC) am Krankenhaus Waldfriede kooperiert mit der gleichnamigen Stiftung von Waris Dirie, die ihren Sitz in Wien hat. „Ich hasse es, immer noch um meine Würde und meinen Wert als Frau kämpfen zu müssen“, sagte die UN-Sonderbotschafterin und Schirmherrin des DFC Waldfriede laut der Berliner Tageszeitung Tagesspiegel.
Die Preisverleihung im Video: www.youtube.com/watch?v=o2bB5G6V5tI
Aus der Arbeit des DFC Waldfriede
Seit der Gründung des DFC Waldfriede haben dort über 700 Frauen medizinische Hilfe in Anspruch genommen. Bei rund 300 Frauen war ein operativer Eingriff nötig. Als ärztliche Koordinatorin des DFC Waldfriede ist Oberärztin Dr. Cornelia Strunz die erste Person, mit der betroffene Frauen telefonisch oder per E-Mail in Kontakt kommen. „Wir bieten Frauen, die an den Folgen einer Genitalverstümmelung leiden, eine ganzheitliche medizinische Versorgung an. Zusätzlich zu operativen Eingriffen und Wiederherstellungsoperationen unterstützen wir betroffene Frauen auch durch psychologische und sexualtherapeutische Hilfe. Es gibt seit 2015 eine Selbsthilfegruppe, die sich regelmässig trifft. Es gibt zweimal jährlich einen Intensivkurs für Ärzte, Hebammen und Pflegeberufe. Seit Oktober 2020 gibt es das Desert Flower Magazin in drei Sprachen (deutsch, englisch, französisch). Ebenfalls seit 2020 ist ein Fachbuch zum Thema im Handel“, heisst es in einer Mitteilung des DFC Waldfriede.
Die Kosten der medizinischen Behandlung für gesetzlich versicherte Frauen werden in Deutschland mittlerweile von den Krankenkassen übernommen. Für alle Nicht-Versicherten übernimmt der aus Spenden finanzierte Förderverein Waldfriede e.V. die Kosten. Weitere Informationen: www.dfc-waldfriede.de
Krankenhaus Waldfriede
Das freigemeinnützige Krankenhaus Waldfriede in Berlin Zehlendorf wurde 1920 gegründet und ist akademisches Lehrkrankenhaus der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Es wurde nach gesetzlichen Qualitätsparametern mehrfach zertifiziert und hat mit seiner medizinischen und pflegerischen Qualität bereits eine Vielzahl an Auszeichnungen erhalten. Pro Jahr werden hier etwa 15.000 Patienten stationär und 150.000 Patienten ambulant behandelt. Der Träger ist die protestantische Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die weltweit rund 900 medizinische Einrichtungen unterhält. Waldfriede ist unter anderem Mitglied im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, im Deutschen Evangelischen Krankenhausverband e.V. (DEKV) und Kooperationspartner des adventistischen Krankenhausverbundes Advent Health in den USA.
Das Krankenhaus ist Teil des Gesundheitsnetzwerks Waldfriede zu dem auch eine psychiatrisch-psychosomatische Tagesklinik, eine Sozialstation, die Akademie zur Ausbildung von Pflegefachkräften, eine Servicegesellschaft, ein Seniorenhaus, das Gesundheitszentrum „PrimaVita“, die Privatklinik Nikolassee, eine Kindertagesstätte des Advent-Wohlfahrtswerks e.V. (AWW) und das Desert Flower Center gehören. Das Netzwerk Waldfriede ist der vielfältigste Medizin- und Pflegeanbieter im Berliner Südwesten und einer der grössten Arbeitgeber im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Informationen: www.krankenhaus-waldfriede.de.