"Aussöhnung in Ruanda nimmt Formen an"

Kigali/Ruanda | 20.04.2004 | APD | International

"Die adventistische Kirche in Ruanda ist eine grosse Gemeinschaft, und die Schrecken von 1994 haben diese Familie genauso erschüttert wie das ganze Land", sagte der Präsident der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) der Siebenten-Tags-Adventisten, Pastor Dr. Jan Paulsen (Silver Spring, Maryland/USA), anlässlich des Gedenkens an das Genozid vor zehn Jahren. "Das, was geschah und die immer noch vorhandene Last darf nicht vergessen werden. Wir bitten Gott, dass er heilt und tröstet."

Paulsen erinnerte daran, dass unter den etwa 800 000 Opfern des Völkermordes auch 10 000 Adventisten samt 225 Pastoren gewesen seien. Andererseits habe sich auf dem Gelände des adventistischen Krankenhauses in Mugonero eine schreckliche Tragödie abgespielt. Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen zur Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda (ICTR) hatte im Februar letzten Jahres in Arusha/Tansania den früheren Vorsteher der Siebenten-Tags-Adventisten im Süden Ruandas und ehemaligen Pastor, Elizaphan Ntakirutimana (78), wegen Beihilfe und Begünstigung zum Völkermord zu zehn Jahren Haft verurteilt. Sein Sohn Gérard (45), der als Arzt an dem Hospital tätig war, erhielt wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eine Freiheitsstrafe von 25 Jahren. Beide haben laut Urteilsspruch Tutsis, die auf dem Krankenhausgelände und in der Gegend von Bisesero Schutz suchten, den Gendarmen und Interahamwe-Milizen ausgeliefert. Dabei seien Hunderte von Männern, Frauen und Kindern getötet worden.

Ruanda

Der Präsident der Siebenten-Tags-Adventisten in Ruanda, Pastor Amon Rugelinyange (Kigali), sieht eine grosse Veränderung in seinem Land. "Es gibt einen enormen Unterschied, wie Menschen jetzt miteinander umgehen." Die Aussöhnung nehme immer deutlichere Formen an. Im März 1998 führte die Freikirche zahlreiche Versöhnungskonferenzen durch, die den offenen Dialog und das Vertrauen zwischen den rivalisierenden Stämmen fördern sollten. Der adventistische Minister Esdras Mpyisi, Berater des früheren ruandischen Königs, leitete Gespräche, in denen die verfeindeten Gruppen vereinbarten, künftig tolerant und in gutem Einvernehmen zusammen zu arbeiten.

1996, zwei Jahre nach dem Genozid, begann die Freikirche sich in Ruandas Gefängnissen um Häftlinge zu kümmern, die beschuldigt werden, am Völkermord beteiligt gewesen zu sein. Etwa 7 000 hätten sich inzwischen den Adventisten angeschlossen. Von den 8,1 Millionen Einwohnern des zentralafrikanischen Landes sind 56% Katholiken, 37% Protestanten (einschliesslich351 000 erwachsen getauften Adventisten), 5% Muslime und 2% Konfessionslose.

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat in Ruanda 1 195 Gemeinden und unterhält eine Universität, zwei höhere Schulen, eine Krankenpflegeschule, 39 Grundschulen, ein Krankenhaus, neun Kliniken sowie ein Medienzentrum mit Studios für Radio- und Fernsehproduktionen.

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