Über hundert Repräsentanten verschiedener Weltreligionen und Glaubenstraditionen nahmen auf Einladung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) vom 7. bis 9. Juni 2005 in Genf an einer Konferenz über den interreligiösen Dialog teil. Unter den vom ÖRK zu diesem internationalen Dialogforum ausgewählten Rednerinnen und Redner waren unter anderem Vertreter des Christentum, Buddhismus, Hinduismus, Islam, Judentum, Zoroastrismus und von afrikanischen Religionen. Nach Informationen des ÖRK wurden einerseits die Erfahrungen analysiert und ausgewertet, die in den letzten Jahrzehnten im interreligiösen Dialog und der Zusammenarbeit gemacht wurden und andererseits nach Modellen gesucht, wie dieser Dialog in Zukunft fortgesetzt werden könnte.
Die Telnehmenden kamen zum Ergebnis, dass der weltweite interreligiöse Dialog so umzugestalten sei, dass er wirkungsvoller auf die Bedrohungen eingehen könne, die sich aus der aktuellen Weltlage ergäben. Nur "die Umgestaltung des interreligiösen Gesprächs in eine Praxis der Demut und Hoffnung," könne ein Weg sein, "um grösseres Vertrauen aufzubauen," schreibt der ÖRK
"Gemeinsam können wir diesen entscheidenden Augenblick nutzen und dazu beitragen, die Gefahren in eine Pilgerreise des Glaubens zu verwandeln, die uns in eine gerechtere, barmherzigere und friedlichere Zukunft führen wird", erklärten Religionsvertreter in Genf.
Zum Abschluss formulierten sie auch konkrete Strategien, die darauf abzielen, das Schwergewicht in den interreligiösen Beziehungen vom Dialog auf das gemeinsame Handeln zu verlagern. Dazu sollen auch neue Bildungs- und Ausbildungsprogramme wie auch Austauschmöglichkeiten gehören, die eine Kultur des Dialogs fördern.
Die vom ÖRK-Programm für interreligiöse Beziehungen und Dialog organisierte Konferenz bot auch die Möglichkeit, offen über trennende Fragen zu diskutieren, speziell über Fragen der religiösen Gewalt und der Missionierung, und sie rief zu Reue und Demut auf, die "einen Weg eröffnen, um von einem Dialog unter Fremden zu einem Dialog unter Nachbarn zu finden".
Die Teilnehmenden warnten vor einem Dialogverständnis, das bestimmte Identitäten und Traditionen herabsetzt und Misstrauen und Feindseligkeit in den religiösen Gemeinschaften hervorruft.
Die ÖRK-Führung bezeichnete die Tagung als einen "Meilenstein" und bekräftigte das erneuerte Engagement der im ökumenischen Dachverband vertretenen 347 christlichen Kirchen in über 120 Ländern für Dialog und Verständnis zwischen den Weltreligionen.
Nach der Verfassung ist das Hauptziel des ÖRK, die christlichen Kirchen zur Verwirklichung der sichtbaren Einheit aufzurufen und das gemeinsames christliche Zeugnis in der Erfüllung der missionarischen und evangelistischen Aufgaben zu fördern. Der Generalsekretär des ÖRK, Pfr. Dr. Samuel Kobia räumte jedoch in Genf ein, dass "der Dialog mit anderen Glaubensbekenntnissen zu einem Kernthema im ÖRK geworden ist". Kobia wörtlich: "Wir können auf unserer Suche nach Hoffnung nur dann wirksam und erfolgreich sein, wenn wir zusammenarbeiten. Gemeinsam können wir die Erneuerung der Hoffnung auf eine andere mögliche und bessere Welt voranbringen, in der alle Menschen Leben in Fülle und Würde haben".
Der Konferenzverantwortliche und ÖRK-Experte für interreligiöse Fragen Pfarrer. Dr. Hans Ucko unterstrich den besonderen Charakter dieser Veranstaltung im Vergleich mit zahlreichen anderen interreligiösen Initiativen in der Welt: "Diese Konferenz war dadurch einmalig, dass sie sich bemüht hat, den Dialog zu bewerten, und nach realistischeren und weniger idealistischen Möglichkeiten gesucht hat, um die Beziehungen zu fördern. Wir haben die am Dialog Beteiligten in ihrem Engagement bestärkt und dadurch auch unserem eigenen christlichen Engagement im Dialog neue Impulse gegeben."
Der Weltkirchenrat organisierte in den letzten Jahren eine Reihe von hinduistisch-christlichen, christlich-muslimischen, buddhistisch-christlichen und jüdisch-christlichen Dialogen auf internationaler und regionaler Ebene. Der Rat hilft seinen Mitgliedskirchen, Beziehungen zu Menschen anderer Religionen aufzunehmen oder zu verbessern. Die Begegnung mit den Menschen, die nach anderen religiösen Traditionen leben, könne, so der ÖRK, auch eine Herausforderung an das eigene religiöse Selbstverständnis bedeuten und eine Gelegenheit bieten zur Erneuerung im spirituellen Leben und in der theologischen Reflexion.
Ein Schlussbericht der jetzt in Genf zu Ende gegangenen Konferenz soll in Kürze fertig gestellt und veröffentlicht werden. Die Teilnehmenden haben den ÖRK gebeten, die Nach- und Weiterarbeit zu dieser Veranstaltung zu koordinieren.