Wegen Mordes an dem ehemaligen Hamburger Adventistenpastor Arno Kuhn hat das Landgericht Lübeck am 14. Juni den 42-jährigen Erntehelfer Adam K. zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte Kuhn im August 2004 in Lübecker Stadtteil Vorrade erschossen hat, weil dieser wegen Unfallflucht zur Rede gestellt hatte.
Mit dem Urteil blieben die Richter unter den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklägern, die 15 Jahre Haft beziehungsweise lebenslang gefordert hatten. Der Angeklagte habe Kuhn getötet, um seine vorangegangenen Straftaten zu verdecken, sagte der Vorsitzende der I. Grossen Strafkammer, Fritz Vilmar. Die Verteidigung kündigte sofort Revision an. Es handele sich bei der Tat um Totschlag.
Verhaltensänderung des Angeklagten
Das Gericht sei nach dem psychiatrischen Gutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen. Die Sachverständige hatte ausgesagt, die erlittene schwere Kränkung habe, verbunden mit der Alkoholisierung, zu Verhaltensänderungen des Angeklagte geführt. Äusserlich unbewegt hörte der aus Polen stammende Angeklagte den Urteilsspruch an.
Die Witwe des Ermordeten, Carola Kuhn, rang dagegen sichtlich um Fassung, als der Vorsitzende davon sprach, dass in den vorangegangenen zwölf Verhandlungstagen viel von den Problemen des Angeklagten, aber kaum von denen der Hinterbliebenen die Rede gewesen sei. Der Angeklagte hatte seine Tat damit begründet, dass er durchgedreht sei, weil seine Frau ihn mit seinem besten Freund betrogen habe. "Nicht nur Sie, jeder hier im Gerichtssaal hat Probleme", sagte Vilmar zum Angeklagten.
Zwei Radfahrer bedrängt
Am 12. August 2004 war Arno Kuhn mit seiner Familie unterwegs zum Flughafen Lübeck-Blankensee. Kurz vor der Abfahrt zum Flughafen sah sie, wie der Angeklagte mit seinem roten Wagen nach einem riskanten Ausweichmanöver zwei Radfahrer von der Strasse drängte. Während Kuhns Frau und seine Tochter sich um die leicht verletzten Jugendlichen kümmerten, folgte der Adventisten-Prediger dem Unfallfahrer und stellte ihn zur Rede.
Was er nicht wusste: Der 42-Jährige hatte 2,63 Promille Alkohol im Blut, hatte mit seinem Leben abgeschlossen und nichts mehr zu verlieren. Er wollte mit dem gestohlenen Auto in seine polnische Heimat fahren, um dort Selbstmord zu begehen, hatte der Angeklagte ausgesagt.
Angeklagter hat Tat gestanden
Er hatte zu Beginn des Prozesses die Tat gestanden, zugleich aber angegeben, an die Schüsse keine Erinnerung mehr zu haben. Seine Behauptung, er habe kurz vor der Tat einen epileptischen Anfall erlitten, wurde jedoch von einem Sachverständigen nicht bestätigt.
Als der Angeklagte Kuhn sah, lud und entsicherte er eine der beiden gestohlenen Waffen, die er bei sich hatte, und stieg aus. Als der Pastor sich umdrehte, um die Polizei zu rufen, zielte der Angeklagte auf dessen Hinterkopf und schoss zwei mal. Anschliessend raste er mit seinem Auto davon. Seine wilde Flucht vor der Polizei endete rund 20 Kilometer entfernt auf einer Koppel bei Ratzeburg (Kreis Herzogtum Lauenburg), wo er festgenommen wurde.
(Mit Beiträgen von dpa und "ZDF heute")