Erstmals in der 800-jährigen Geschichte der Waldenser ist eine Frau zum Kirchenoberhaupt gewählt worden. Die Kirchengemeinschaft der Waldenser und Methodisten Italiens haben die Pfarrerin Maria Bonafede zur Moderatorin, also zur "ersten Dame" (Primadonna), ihrer gemeinsamen Synode gewählt. Ihre Wahl bezeichnete die 51-Jährige als "Ruf und Auftrag". "Die Zeit war reif für eine Frau", sagte ihr Vorgänger Pfarrer Gianni Genre. Die Wahl habe starken symbolischen Wert und brächte "eine neue Sensibilität sowohl innerkirchlich als auch nach aussen." Bonafede ist Philosophin und Theologin Seit 1988 war sie Pfarrerin der Waldenserkirche an der Piazza Cavour in Rom, zuvor Pfarrerin in Mailand. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn. Ihr Mann, Daniele Garrone, ist Professor für Altes Testament an der Waldenserfakultät.
Weitere protestantische Frauen in hohen Kirchenämtern
Anfang Juli kam es auch bei der protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten überraschend zur Wahl von zwei Frauen in hohe Kirchenämter. Die Delegierten der Weltsynode der Adventisten in St. Louis, im US-Bundesstaat Missouri, wählten zwei Afro-Amerikanerinnen, Dr. Ella Louise Smith Simmons (57), zur Vizepräsidentin und Rosa Taylor Banks, zur stellvertretenden Generalsekretärin der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz),
Der Präsident der adventistischen Weltkirchenleitung, Pastor Jan Paulsen erklärte bei der Vorstellung der neu gewählten Vizepräsidentin Simmons: "Viele Frauen unserer Kirche sind durch ihre theologische und berufliche Ausbildung höchst qualifiziert; sie haben jedoch nur beschränkten Zugang zu Führungspositionen, da viele Stellen in der Kirchenleitung die Ordination voraussetzen." "Wir müssen in der Lage sein, mit Hilfe einer präzisen Stellenbeschreibung die geeignete Aufgabe an die Person zu vergeben, deren Fähigkeiten, Erfahrung und Begabung den Anforderungen entspricht," sagte Paulsen.
Die Adventisten sind eine weltweite protestantische Freikirche mit über 25 Millionen Gottesdienstbesuchern.
Seit Mitte Juli wird auch die Christliche Kirche (Jünger Christi) als erste grössere protestantische Glaubensgemeinschaft Nordamerikas von einer Frau geleitet. An der Generalversammlung der Kirche in Portland (Oregon) wählten die Delegierten die Theologin Dr. Sharon E- Watkins (51) einstimmig an die Spitze der rund 750'000 Mitglieder zählenden Denomination, die Anfang des 19. Jahrhunderts aus baptistischen, methodistischen und presbyterianischen Wurzeln entstanden ist.
Religionsexperten werten die Wahl einer Frau zur Hauptpfarrerin und Präsidentin dieser grossen protestantischen Kirche in Nordamerika zwar als "bedeutend", gehen aber nicht davon aus, dass dies zwangsläufig zu einer stärkeren Präsenz von Frauen in hohen Kirchenämtern führt.