Mit einfacher Mehrheit wählte die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) am 22. Februar, zunächst seine acht Präsidentinnen und Präsidenten für die nächste Legislaturperiode und im Anschluss, ebenfalls mit einfacher Mehrheit, den neuen Zentralausschuss.
Diesem Ausschuss, der 150 Delegierte umfasst und der zwischen den Vollversammlungen das höchste Entscheidungsgremium des Weltkirchenrates ist, werden auch sechs deutsche Delegierte angehören. Fünf davon sind Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), einer ein Vertreter der Mennonitischen Gemeinden in Deutschland. Die neue Präsidentin, die Europa vertreten wird, ist Dr. Mary Tanner, Kirche von England.
Aus der deutschen Delegation wurden alle für den Zentralausschuss nominierten Mitglieder angenommen. Wieder gewählt wurden der Auslandsbischof der EKD, Dr. Rolf Koppe, Pfarrerin Heike Bosien von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Bischof Dr. Martin Hein, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, und Dr. Fernando Enns von der Mennonitischen Gemeinde in Deutschland. Neu im Zentralausschuss vertreten sind die Jugenddelegierte Christina Biere, Evangelische Kirche von Westfalen, und Pfarrer Frank Schürer-Behrmann, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Der Frauenanteil des Zentralausschusses beträgt 42 Prozent gegenüber 39 Prozent des vorigen Zentralausschusses. Jugenddelegierte machen 15 Prozent aus.
Das neugewählte Präsidium besteht aus folgenden Mitgliedern: Pfarrer Prof. Dr. Simon Dossou, Protestantisch-Methodistische Kirche von Benin (Afrika), Pfarrer Dr. Soritua Nababan, Protestantisch-Christliche Batak-Kirche (HKBP) (Asien), Pfarrerin Dr. Ofelia Ortega, Presbyterianisch-Reformierte Kirche in Kuba (Karibik/Lateinamerika), Dr. Mary Tanner, Kirche von England (Europa), Pfarrerin Dr. Bernice Powell Jackson, Vereinigte Kirche Christi (UCC) (Nordamerika), John Taroanui Doom, Evangelische Kirche von Maòhi (Pazifik), Erzbischof Dr. Anastasios von Tirana und ganz Albanien, Autokephale Orthodoxe Kirche von Albanien (Östlich-orthodoxe Tradition) und Seine Heiligkeit Abune Paulos, Äthiopische Orthodoxe Kirche Tewahedo (Orientalisch-orthodoxe Tradition).
Mit der Wahl endet die Amtszeit von Eberhardt Renz, Altbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, als europäischer Präsident des ÖRK.
Nachstehend die Kurzbiografien der neu gewählten Präsidentinnen und Präsidenten:
Afrika
Pfr. Prof. Dr. Simon Dossou, Protestantisch-Methodistische Kirche von Benin
Prof. Dossou ist ein Alttestamentler, der in Porto Novo (Benin), Yaoundé (Kamerun) und Lausanne (Schweiz) studiert hat. Er lehrt an der Theologischen Fakultät Yaoundé und am Theologischen Institut von Porto Novo. Zur Zeit ist Prof. Dossou Präsident der Protestantisch-Methodistischen Kirche von Benin und Vorsitzender der Gemeinschaft der Christenräte und Kirchen in Westafrika (FECCIWA). Er ist Autor zahlreicher Bücher und theologischer Aufsätze.
Asien
Pfr. Dr. Soritua Nababan, Protestantisch-Christliche Batak-Kirche (HKBP)
Das internationale ökumenische Engagement von Dr. Nababan begann mit der Mitgliedschaft im Jugendausschuss des ÖRK 1961; anschliessend war er von 1963 bis 1967 Jugendsekretär der Asiatischen Christlichen Konferenz (CCA) und deren Präsident von 1990 bis 1995. In der ökumenischen Arbeit war er auf verschiedenen Ebenen tätig: bei der Gemeinschaft der Kirchen in Indonesien (Generalsekretär, 1967-1984; Vorsitzender 1984-1987); beim Ökumenischen Rat der Kirchen (Stellvertretender Vorsitzender und später Vorsitzender der Kommission für Weltmission und Evangelisation, 1968-1985; Mitglied und später Stellvertretender Vorsitzender des Zentralausschusses, 1983-1998) und beim Lutherischen Weltbund (Vizepräsident, 1970-1977 und 1984-1991). Auch in seiner eigenen Kirche, der grössten protestantischen Kirche Indonesiens, hatte er als Ephorus (Bischof) von 1987 bis 1998 eine Führungsposition inne.
Karibik/Lateinamerika
Pfrin. Dr. Ofelia Ortega, Presbyterianisch-Reformierte Kirche in Kuba
Dr. Ortega war die erste presbyterianische Frau, die in Kuba ordiniert wurde. Von 1985 bis 1996 arbeitete sie beim ÖRK, zunächst als Professorin am Ökumenischen Institut Bossey und seit 1988 als Referentin für Lateinamerika und die Karibik im Programm für theologische Ausbildung. Später kehrte sie für acht Jahre als Rektorin des Evangelischen theologischen Seminars (SET) in Matanzas, dessen Arbeit sie in Richtung eines vielschichtigen sozialen und gesellschaftlichen Engagements prägte, nach Kuba zurück. Neben ihrer Verantwortung am Seminar engagierte sie sich ehrenamtlich bei der staatlichen Alphabetisierungskampagne in den ländlichen Regionen Kubas sowie im Gesundheitsministerium.
Europa
Dr. Mary Tanner, Kirche von England
Dr. Tanner hat sich im Laufe der Jahre in vielfältiger Weise in der ökumenischen Bewegung engagiert. Seit 1974 ist sie Mitglied der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des ÖRK, deren Vorsitzende sie von 1991 bis 1998 war. Daneben war sie Mitglied der Sonderkommission zur Orthodoxen Mitarbeit im ÖRK seit deren Einsetzung 1998. Als Vertreterin ihrer Kirche nahm Dr. Tanner an einer Reihe von ökumenischen Gesprächen teil, einschliesslich des anglikanisch-römisch-katholischen Dialogs. Von 1982 bis 1998 war sie in einem Gremium der Kirche von England aktiv, aus dem schliesslich der Rat für Christliche Einheit hervorging, dessen Generalsekretärin sie von 1991 bis 1998 war.
Nordamerika
Pfr. Dr. Bernice Powell Jackson, Vereinigte Kirche Christi (UCC)
Dr. Powell Jackson war in den letzten 18 Monaten als Nachrückerin Präsidentin des ÖRK für Nordamerika und bringt damit eine unbeendete Amtszeit zum Abschluss. Sie arbeitete fast 20 Jahre im US-Büro der UCC, zuletzt als eine von fünf leitenden Amsträger der Kirche und als Leiterin des Bereichs Gerechtigkeit und Zeugnis. In den 1980er Jahren war Dr. Powell Jackson Direktorin des Bishop Tutu Scholarship Fund in den USA und arbeitete eng mit dem Erzbischof zusammen. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist sie in den Bereichen Bürgerrechte, Menschenrechte und Gerechtigkeit engagiert. Dr. Powell Jackson wird häufig als Predigerin angefragt. Gegenwärtig arbeitet sie an einem Buch zum Thema Gott, Religion und Politik.
Pazifik
John Taroanui Doom, Evangelische Kirche von Maòhi
John Doom ist sein 1962 Diakon seiner Kirche, deren Generalsekretär er von 1971 bis 1988 war. Von 1966 bis 1989 war er Mitglied des Exekutivausschusses der Pazifischen Konferenz der Kirchen, von 1972 bis 1977 Direktor der Hermon Theological School (Tahiti). Von 1976 bis 1983 gehörte er dem Zentralausschuss an, von 1983 bis 1989 der Kommission der Kirchen für Internationale Angelegenheiten. Von 1989 bis 2000 war er Pazifikreferent des ÖRK. Gegenwärtig ist er Landeskoordinator des Verbands ehemaliger Beschäftigter auf dem Atomtestgelände Moruroa (Moruroa e Tatou).
Östlich-orthodoxe Tradition
Erzbischof Dr. Anastasios von Tirana und ganz Albanien, Autokephale Orthodoxe Kirche von Albanien
Seine Seligkeit Erzbischof Anastasios ist emeritierter Professor der Staatlichen Universität Athen und Ehrenmitglied der Akademie von Athen. Von 1983 bis 1986 war er Dekan der theologischen Fakultät der Universität Athen. Von 1981 bis 1990 war er Amtierender Erzbischof von Ostafrika und organisierte dort die Orthodoxe Mission. Von 1984 bis 1991 war Erzbischof Anastasios Vorsitzender der Kommission für Weltmission und Evangelisation, gegenwärtig hat er das Amt eines Vizepräsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen inne. Seit 1992 ist er Primas von Albanien, hat die Autokephale Orthodoxe Kirche von Albanien neu aufgebaut und wichtige Verbesserungen in den Bereichen Gesundheit, Entwicklung, Nothilfe, Kultur, Ökologie und Friedensarbeit initiiert.
Orientalisch-orthodoxe Tradition
Seine Heiligkeit Abune Paulos, Äthiopische Orthodoxe Kirche Tewahedo
Seine Heiligkeit Abune Paulos ist Patriarch der Äthiopischen Orthodoxen Kirche Tewahedo, zu der 40 Millionen Gläubige gehören. Er war Mitglied des Zentralausschusses und der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung und nahm an der Vollversammlung in Nairobi teil. Er nahm an zahlreichen internationalen Tagungen teil, so dem Weltwirtschaftsforum und dem Weltgipfel religiöser und geistlicher Persönlichkeiten bei den Vereinten Nationen und spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung des interreligiösen Dialogs in Äthiopien. Er engagiert sich für Jugend- und Frauenfragen und auch für die AIDS-Problematik als Schirmherr des staatlichen HIV/AIDS Programms. In Anerkennung seines herausragenden Beitrags zum Schutz und der Wohlfahrt von Flüchtlingen wurde ihm im Jahr 2000 von der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Flüchtlinge die Nansen-Medaille für Afrika verliehen.