Anlässlich seiner viertägigen Polenreise nahm Papst Benedikt XVI. am 25. Mai an einem ökumenischen Treffen in der lutherischen Dreifaltigkeitskirche in Warschau teil. Dabei rief das römisch-katholische Kirchenoberhaupt die getrennten Christen zur Suche nach Einheit und Zusammenarbeit auf. Trotz mancher Fortschritte seien noch viele Hindernisse zu überwinden. Es verbiete sich aber Ungeduld oder überstürzte Eile. Denn letztlich sei die christliche Einheit ein Geschenk Gottes. Konkret forderte der Papst die getrennten Kirchen zur Zusammenarbeit im sozialen, karitativen und gesellschaftspolitischen Bereich auf. Für eine Entwicklung der Welt zum Besseren hin seien der gemeinsame Einsatz und die gemeinsame Stimme der Christen gefragt, so Benedikt XVI.
Als weiteres Aufgabenfeld der Ökumene nannte der Papst die heutige Situation von Ehe und Familie, insbesondere bei konfessionsverschiedenen Partnern. Ausdrücklich begrüsste er das gemeinsame Dokument der römisch-katholischen Polnischen Bischofskonferenz und des Polnischen Ökumenischen Rates (PÖR) über ein christliches Verständnis von Ehe und Familie, wie es für alle Christen akzeptabel sei. Er hoffe, dass die Kirchen in dieser heiklen Frage vertrauensvoll und respektvoll zum Wohl der Familien und deren Verantwortung für das Glaubensleben und für die Erziehung der Kinder zusammenarbeiteten, sagte der Papst.
Er wies in seiner Ansprache auch auf Fortschritte beim zwischenkirchlichen Dialog in Polen hin. Namentlich nannte er dabei die von der Polnischen Bischofskonferenz eingerichteten bilateralen Kommissionen für den theologischen Dialog zwischen Katholiken, Orthodoxen, Lutheranern, Mariaviten, Siebenten-Tags-Adventisten und Mitgliedern der Nationalen Kirche Polens.
Langjähriger Dialog mit Adventisten
Bilaterale Gespräche zwischen dem "Ökumenischen Rat" der Polnischen Bischofskonferenz und der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Polen finden seit 1984 statt. Zum 15-jährigen Dialogjubiläum veröffentlichten beide Kirchen im Dezember 1999 eine gemeinsame Erklärung. Obwohl sich das Dokument nicht mit Lehr- oder theologischen Fragen befasst, hatten während des jahrelangen Dialogs beide Seiten ihre theologischen Ansichten und lehrmässigen Positionen zum gegenseitigen besseren Verständnis dargestellt. Der Dialog zwischen Adventisten und Katholiken in Polen sei auf einer partnerschaftlichen Basis, im Geist gegenseitigen Respekts und christlicher Liebe sowie in Anerkennung von Toleranz und religiöser Freiheit geführt worden, wobei beide Seiten darauf geachtet hätten, "ihre volle Identität zu bewahren," so Pastor Wladyslaw Polok, damaliger Präsident der polnischen Adventisten.
Die gemeinsame Erklärung brachte ferner zum Ausdruck: "Die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten kann weder als neue religiöse Bewegung noch als Sekte betrachtet werden. Mit Bedauern nehmen wir von Fällen Kenntnis, in denen verschiedene religiöse und staatliche Kreise der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten den kirchlichen Status verweigerten und sie sogar den Sekten zuordneten. Solch eine Behandlung ist untragbar und wir glauben, dass sie äusserst abträglich für die gegenseitigen Beziehungen ist", heisst es in dem Dokument.