Auf dem 7. Weltsozialforum (WSF) in der kenianischen Hauptstadt Nairobi sind die christlichen Kirchen stark vertreten. Verschiedene kirchliche Dachorganisationen wollen sich vor allem über eine "ökumenische Koalition" einbringen und Fragen von "Reichtum, Armut und Bewahrung der Schöpfung" thematisieren. Eine Ökumenische Plattform lädt am Rande der Hauptveranstaltungen in einen ökumenischen Pavillon ein, in dem kirchliche Gruppen ihre Anliegen, Positionen und Aktivitäten vorstellen, koordinieren und anhand von Fallbeispielen veranschaulichen. Zudem stellten die Kirchen ein breites Angebot gemeinsamer Workshops, ökumenischer Gottesdienste und anderer Veranstaltungen in Nairobi bereit.
Zum einwöchigen Treffen, das erstmals in Afrika stattfindet, werden zwischen 80.000 und 100.000 Globalisierungskritiker ais aller Welt erwartet. Unter den prominenten Teilnehmern sind die beiden Friedensnobelpreisträger Wangari Maathai (Kenia) und Desmond Tutu (Südafrika) sowie die ehemalige UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson.
Zum Auftakt des WSF nahmen mehr als 10.000 Menschen an einem bunten Protestzug von Kibera, einem der grössten Armenviertel Afrikas, ins Stadtzentrum der kenianischen Hauptstadt teil. Sie trugen Transparente mit sich, auf denen unter anderem geschrieben stand: "Eine andere Welt ist möglich" und "Wir sitzen alle im selben Boot."Die WSF-Teilnehmer wollen insbesondere über die Bekämpfung der in Afrika besonders stark grassierenden AIDS-Epidemie, die Lösung regionaler Konflikte, die Verschuldungsproblematik und Wanderungsbewegungen diskutieren. Tabitho Mutiso vom kenianischen Organisationskomitee erhofft sich, dass das Sozialforum dazu beiträgt, den Kontinent besser in den Kampf gegen den ungezügelten Wirtschaftsliberalismus einzubinden.
Der erste Präsident des 1964 unabhängig gewordenen Sambia, Kenneth Kaunda, sagte in Nairobi: "Dies ist eine ungeheuer wichtige Veranstaltung. Wir bekämpfen die Armut, die Unwissenheit, die Korruption, die Ausbeutung." Kaunda wörtlich: "Alle Geschöpfe Gottes, ob Christen, Muslims, Juden, Hindus oder Anhänger anderer Religionen, müssen gemeinsam dafür eintreten."
Im Vorfeld des Weltsozialforums fand in Nairobi das "Zweite Weltforum Theologie und Befreiung" zum Thema "Spiritualität für eine andere mögliche Welt" statt, an dem bis zum 19. Januar rund 300 Theologen aus allen fünf Kontinenten teilnahmen. Dabei ging es um den Beitrag der christlichen Kirchen für eine gerechtere Weltordnung. Bereits vor zwei Jahren im brasilianischen Porto Alegre hatte diese theologische "Weltversammlung" unmittelbar vor dem Weltsozialforum stattgefunden.
Der Generalsekretär der Gesamtafrikanischen Konferenz der Kirchen (AACC), Bischof Mvume Dandala, bezeichnete die weltweite Gier als einen Hauptgrund für die sozialen und ökologischen Probleme Afrikas. Auf dem Theologieforum prangerte der belgische Religionssoziologe Francois Houtart die weltweit wachsende Kluft zwischen Arm und Reich an. Der salvadorianische Befreiungstheologe Jon Sobrino forderte einen Perspektivenwechsel in der Theologie. Im Mittelpunkt der Theologie müssten die Verlierer und die Opfer der Globalisierung vor allem in Afrika stehen.
Zu den Mitgliedern der globalen ökumenischen Koalition auf dem WSF gehören unter anderen die Allafrikanische Kirchenkonferenz (AACC), der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), der Lutherische Weltbund (LWB), der Reformierte Weltbund (RWB), Caritas Internationalis, die Internationale Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Solidarität, (CIDSE), "Pax Romana", der Christliche Studentenweltbund (WSCF), der "Christliche Verein Junger Männer" (CVJM), der "Christliche Verein Junger Frauen" (CVJF) und das brasilianische Ökumenische Forum,.
Das Weltsozialforum versteht sich als Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. Die Anfänge des WSF gehen maßgeblich auf eine Initiative der brasilianischen Arbeiterpartei (PT) zurück. Das Forum gilt als Plattform des Widerstandes gegen neoliberale Bestrebungen. Als Schöpfer des Weltsozialforums wurde der Brasilianer Whitaker "Chico" Ferreira im vergangenen Jahr in Stockholm mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.