Vertreter der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Siebenten-Tags-Adventisten und der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) trafen sich vom 5. bis 10. August auf dem Gelände der adventistischen Andrews Universität in Berrien Springs, Michigan/USA, zur zweiten theologischen Gesprächsrunde. Die erste Konsultation fand im August 2006 im Internationalen Baptistischen Theologischen Seminar (IBTS) in Prag statt. In einer gemeinsamen Pressemitteilung wird der "lebendige Meinungsaustausch" in Michigan als "herzlich und freundlich" bezeichnet. Die Gespräche hätten ergeben, dass beide Dialogpartner Gott und sein Wort liebten und ein "hohes Mass an theologischer Übereinstimmung entdeckten".
Die adventistischen Gesprächspartner stimmten "rückhaltlos" mit der Glaubensbasis der Weltweiten Evangelischen Allianz überein, die Leitsätze zur Bibel als Wort Gottes, zur Trinität, zur Sündhaftigkeit des Menschen, zum stellvertretenden Opfer Jesu, zur Rechtfertigung des Sünders allein durch die Gnade Gottes aufgrund des Glaubens an Christus, zum Werk des Heiligen Geistes, zum Priestertum aller Gläubigen und zur Wiederkunft Jesu enthalte. Die Gespräche hätten laut Pressemitteilung aber auch verschiedene Bereiche offenbart, bei denen es keine Übereinstimmung gebe. Das betreffe die adventistische Lehre vom Heiligtum und vom Gericht vor der Wiederkunft Christi, die Rolle und Autorität von Ellen G. White, der Sabbat als Gottesdiensttag für Christen und das adventistische Verständnis von Anthropologie.
Ungeachtet dieser Meinungsverschiedenheiten seien die Gesprächsteilnehmer zur Überzeugung gelangt, dass die vielen Übereinstimmungen eine Zusammenarbeit von Adventisten und WEA in bestimmten Bereichen rechtfertigten. Ein gemeinsamer Bericht über die theologischen Gespräche in Prag und Berrien Springs mit Ergebnissen und Empfehlungen solle nach Genehmigung durch beide Seiten veröffentlicht werden. Laut dem adventistischen Delegationsleiter Dr. John Graz wäre eine Zusammenarbeit beispielsweise im Einsatz für die Religionsfreiheit, bei humanitären Aktionen und der Bibelverbreitung denkbar. Nach Ansicht des Exekutivdirektors der Theologischen Kommission der WEA, Pfarrer Dr. David Parker, der an der Konsultation nicht teilnahm, sei eine Kooperation auch bei ethischen Fragen möglich. Aus Sicht der WEA wäre es bei den Gesprächen in Prag und Berrien Springs um die Frage gegangen, ob es Möglichkeiten gebe, mit den Siebenten-Tags-Adventisten im Rahmen der Evangelischen Allianz zusammenzuarbeiten.
Die interkonfessionelle Begegnung wurde gemeinsam von dem Vorsitzenden der Theologischen Kommission der WEA, Dr. Rolf Hille (Tübingen), und dem Generalsekretär des Rates für zwischenkirchliche und interreligiöse Angelegenheiten der Generalkonferenz (CIRA), Dr. John Graz (Silver Spring, Maryland/USA), vorbereitet. Die Konsultation selbst leiteten Dr. Hille und Dr. William G. Johnsson (Silver Spring), Berater des Präsidenten der Generalkonferenz für interreligiöse Angelegenheiten.
Seitens der Adventisten hielten Dozenten der Andrews Universität Referate, die anschliessend diskutiert wurden. Dr. Roy Gane, Professor für Altes Testament, behandelte das Thema "Die Heiligtumslehre der Siebenten-Tags-Adventisten". Der Dekan des Theologischen Seminars, Professor Dr. Denis Fortin, informierte über "Ellen G. White und die Bibel". Dr. Peter van Bemmelen, Professor für Dogmatik, referierte zur Frage "Gerechtigkeit durch Glauben". Dr. Miroslav M. Kiš, Professor für Ethik, legte "Die Natur des Menschen – das adventistische Verständnis von Anthropologie" dar. Ausserdem informierte der frühere Direktor des Rates für zwischenkirchliche und interreligiöse Angelegenheiten der Generalkonferenz, Dr. Bert B. Beach, über das "Selbstverständnis der adventistischen Kirche als Ökumene". Zur Delegation gehörten ferner Professor Dr. Niels-Erik Andreasen, Rektor der Andrews Universität, Dr. Angel M. Rodriguez, Direktor des Biblischen Forschungsinstituts der Generalkonferenz, Dr. Teresa L. Reeve, Professorin für Neues Testament an der Andrews Universität, Dr. John Graz und Dr. William G. Johnsson.
Ein Vertreter der Allianz sprach über "Den Zweck und die Ziele der Weltweiten Evangelischen Allianz". Zu ihr gehörten ausser Dr. Rolf Hille der Neutestamentler Dr. Jürg Buchegger, Gastdozent an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (STHB), Bonn Clayton (Oak Creek, Wisconsin/USA), Mitglied des Exekutivkomitees der National Association of Congregational Christian Churches, der Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), Dr. Reinhard Hempelmann (Berlin), der Theologische Referent des Arbeitskreises für evangelikale Theologie (AfeT) und Exeget, Dr. Herbert Klement (Sprockhövel/Deutschland), Jens Wagschal, Bibliothekar im Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen, und Pastor James L. Kautt (Tübingen), Sekretär der Theologischen Kommission der WEA.
Die Weltweite Evangelische Allianz repräsentiert etwa 420 Millionen evangelikale Christen in 127 Staaten. Zur Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten zählen 15 Millionen Mitglieder und 20 Millionen Zugehörige in 202 Ländern. In Deutschland gibt es 36.000, in der Schweiz 4.300 und in Österreich 3.700 Mitglieder. An der 1874 gegründeten Andrews Universität sind rund 3.100 Studenten in den Fachbereichen Biologie, Chemie, Physik, Mathematik, Kunst und Design, Musik, Verhaltensforschung, Kommunikation, Sozialwesen, Krankenpflege, Gesundheitsvorsorge, Geschichts- und Politikwissenschaften, Englisch, Luftfahrtkunde, Landwirtschaft, Informatik, Architektur, Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaft, Marketing, Pädagogik und Theologie eingeschrieben. An ihr lehren 289 Dozenten.