Die soziale Kluft in Deutschland wird tiefer: Jeder achte Deutsche ist arm. Gäbe es keine staatlichen Sozialleistungen, würde laut dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht der deutschen Bundesregierung sogar jeder Vierte in Armut leben. Im Gegenzug seien die Einkünfte der Reichen weiter gewachsen. Die Schere zwischen arm und reich habe sich weiter geöffnet. Diese Angaben bestätigte das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage, der Armuts- und Reichtumsbericht wird erst am 19. Mai in Berlin vorgestellt.
Danach gelten 13 Prozent der Bundesbürger als arm, weitere 13 Prozent der Bevölkerung würden durch Leistungen wie Kindergeld oder Arbeitslosengeld II vor dem Abrutschen in die Armut bewahrt. Opposition und Gewerkschaftsbund machten die deutsche Bundesregierung für die Missstände mitverantwortlich.
Am schlimmsten sei die Lage nach Einschätzung von Arbeitsminister Olaf Scholz für Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende und deren Kinder.
Besonders problematisch ist laut Scholz, dass die Zahl derjenigen, die arbeiten und trotzdem Gefahr laufen, in Armut abzurutschen, größer geworden sei. "Das zeigt: Wir haben zu niedrige Löhne in Deutschland und wir brauchen Mindestlöhne", erklärte der Minister. Zugleich werde aber auch die positive Wirkung des Sozialstaats deutlich: "Wenn es die Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II, Wohn- oder Kindergeld nicht gäbe, dann hätten wir statt 13 Prozent 26 Prozent Arme", sagte Scholz.
Zwar habe man die "physische Form" der Armut, etwa Wohnungslosigkeit, in den Griff bekommen. Es sei jedoch schmerzhaft, wenn man auf jeden Cent achten müsse, so Scholz. Das Schlimmste sei aber, "wenn das Gefühl dazukommt: Ich kann an meiner Lage nichts ändern, ich habe keine Chance mein Leben zu verbessern".
Laut Scholz gibt es jedoch auch eine positive Entwicklung. So habe sich die Zahl der Obdachlosen seit 1998 auf 254.000 halbiert.