Das in der Schweiz in einer Volksabstimmung beschlossene Bauverbot für Minarette kommt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg.
Der frühere Sprecher der Genfer Moschee, Hafid Ouardiri, reichte am 15. Dezember eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg gegen den Volksentscheid vom 29. November ein, wie Pierre de Preux, einer der Anwälte Ouardiris, bestätigte. Das Gericht soll feststellen, dass das Verbot gegen die Religionsfreiheit und das Diskriminierungsverbot verstösst.
Die Schweizer Regierung (Bundesrat) und alle Mitglieder des Europarats seien über den Schritt informiert worden, hiess es.
Der Klage werden allerdings wenig Chancen eingeräumt. So erklärte der emeritierte Strafrechtsprofessor und ehemalige Präsident der Europäischen Kommission für Menschenrechte, Stefan Trechsel, in der "Tagesschau" des Schweizer Fernsehens, zwei wichtige Fakten sprächen gegen eine Verurteilung. Erstens seien in der Schweiz nicht alle Instanzen ausgeschöpft worden; zweitens sei Ouardiri nicht direkt betroffen.
Die Klagemöglichkeit in Strassburg ist für Bürger gedacht, denen ein Menschenrecht verweigert wurde und die es sich auch durch alle innerstaatlichen Instanzen hindurch nicht erstreiten konnten.
Gegen das Volks-Ja zur Anti-Minarett-Initiative sind beim Schweizer Bundesgericht bereits Beschwerden eingegangen. Am 6. Dezember bestätigte Bundesgerichtspräsident Lorenz Meyer der Zeitung "Sonntag", dass bereits zwei Eingaben erfolgten. Meyer geht davon aus, dass die Minarett-Frage auch im Rahmen eines konkreten Bauvorhabens dem Gericht vorgelegt wird.
Das Schweizer Volk hatte die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten" mit 57,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen.