Der Vorsitzende des Internationalen Lutherischen Rates (ILC), Präses Gerald B. Kieschnick, hat seine Dankbarkeit für die Beziehungen ausgedrückt, die sich zum Lutherischen Weltbund (LWB) entwickelt hätten. Gleichzeitig beklagte er die Richtung, die von einigen LWB-Mitgliedskirchen im Blick auf das Thema Sexualität eingeschlagen werde.
Kieschnick, der auch Präsident der Lutherischen Kirche – Missouri Synode (LC-MS) ist, sagte in seinem Grusswort den Delegierten der Elften LWB-Vollversammlung in Stuttgart (Deutschland), er fürchte, dass „viele der heiligen biblischen Wahrheiten, welche die Reformation eingeleitet haben, in Gefahr sind, verloren zu gehen.“
Der Vorsitzende des ILC erklärte, dass die Herausforderungen im Blick auf die christliche Wahrheit „zuerst toleriert, dann akzeptiert und jetzt bekräftigt wurden“. Christen und Christinnen hätten heute keinen „allgemeinen breiten Konsens, ganz zu schweigen von völliger Übereinstimmung, darüber was die Ehe in den Augen Gottes darstellt oder welche sexuellen Verhaltensweisen akzeptabel sind und welche nicht“.
Kieschnick bezog sich auf die weiterhin andauernden Kontroversen innerhalb der lutherischen Kirchen und in anderen Konfessionen darüber, ob gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesegnet werden und Homosexuelle, die in einer Partnerschaft leben, als Pfarrer beziehungsweise Pfarrerinnen dienen oder andere Aufgaben innerhalb der Kirche übernehmen dürften.
Der ILC, eine Gemeinschaft konservativer lutherischer Kirchen mit weltweit rund 3,5 Millionen Mitgliedern, nahm letztes Jahr durch seine Vollversammlung eine Erklärung an, die „Homosexualität als Verstoss gegen den Willen Gottes“ betrachte, sagte Kieschnick. Manche der 34 ILC-Mitgliedskirchen sind auch assoziierte Mitglieder im LWB. Einige LWB-Mitgliedskirchen hätten Schritte unternommen, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu billigen und Menschen erlaubt, die schwul oder lesbisch seien und in festen Partnerschaften lebten, als Geistliche zu arbeiten.
„Ich teile diese Gedanken mit der Vollversammlung, aber nicht, um ein Urteil zu fällen oder weil ich den Balken in meinem eigenen Auge nicht sehe“, betonte Kieschnick, „sondern schweren Herzens.“ Solche Kontroversen könnten zu „erheblichem inneren Streit, ernsten geistlichen Konflikten und sogar institutionellem Schisma“ führen, betonte er.
Trotz seiner Sorge darum, dass reformatorische Prinzipien und biblische Wahrheit in einigen LWB-Kirchen in Gefahr seien, bezeichnete Kieschnick den scheidenden LWB-Präsidenten Bischof Mark S. Hanson als „meinen Bruder in Christus“ und brachte seine Dankbarkeit für die gegenseitige Freundschaft zum Ausdruck. „Auch wenn wir bei zahlreichen Fragen über Glauben und Leben nicht übereinstimmen“, sagte er, „habe ich Ihre brüderliche Kollegialität und Ihren sanften Geist doch aufrichtig geschätzt, und ich bitte um Gottes Segen für Ihren zukünftigen Weg.“
Der ILC geht auf das Jahr 1952 zurück. Er umfasst 34 Mitgliedskirchen in 32 Ländern, zu denen rund 3,5 Millionen konservative Lutheraner und Lutheranerinnen gehören. Die 2,3 Millionen Mitglieder umfassende Missouri Synode in den USA ist die grösste lutherische Kirche im ICL. Der Lutherische Weltbund wurde 1947 in Lund/Schweden gegründet und zählt inzwischen 145 Mitgliedskirchen mit rund 70 Millionen Christen in 79 Ländern.