Adventistische Pastorinnen sollen in den USA und in Kanada künftig als Präsidentin einer der regionalen Freikirchenleitungen, „Vereinigungen“ genannt, gewählt werden können. Bisher ist dieses Amt, wie auch auf den anderen Kontinenten, nur männlichen Geistlichen vorbehalten. Der geschäftsführende Ausschuss der Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten in Nordamerika beschloss eine diesbezügliche Änderung der Arbeitsrichtlinien, der noch der Ausschuss der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) zustimmen muss. Während bisher nur ordinierte Geistliche, also Männer, in das Amt des Präsidenten einer Vereinigung berufen werden, soll diese Führungsposition künftig auch für „beglaubigte“ Geistliche, und damit ebenfalls für Frauen, möglich sein.
Frauen können nach ihrem Theologiestudium in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten zwar als Pastorin „gesegnet“ werden und damit fast alle Amtshandlungen, wie Taufe, Abendmahl, Trauung und Beerdigung, vornehmen; doch ordiniert werden nur männliche Geistliche. Während die Ordination von Pastoren weltweit innerhalb der Freikirche Gültigkeit hat, können Frauen als Pastorinnen nur in den Gebieten wirken, die zu einer Kirchenleitung gehören, welche die Segnung vornahm. Die Weltsynoden der Adventisten 1990 in Indianapolis/USA und 1995 in Utrecht/Niederlande hatten die Ordination von weiblichen Geistlichen mehrheitlich abgelehnt. Die Zulassung von Frauen als ordinierte Pastorinnen ist ausserhalb von Nordamerika, Westeuropa, China und Australien/Ozeanien, wo nur etwa 13 Prozent der weltweit über 16,6 Millionen erwachsen getauften Mitglieder leben, äusserst umstritten.
Auch Männer werden nach ihrem Theologiestudium nicht sofort, sondern erst nach einigen Jahren Dienst als Pastoren ordiniert. Bis dahin sind sie ebenfalls, wie ihre Kolleginnen, „beglaubigte“ Geistliche. Nach Änderung der Arbeitsrichtlinien würde auch ihnen das Leitungsamt in einer Vereinigung offen stehen, informierte Pastor Daniel R. Jackson (Silver Spring, Maryland/USA), Präsident der nordamerikanischen Adventisten.
Die Siebenten-Tags-Adventisten haben eine demokratisch-repräsentative Form der Kirchenverwaltung. Danach beruht die Autorität der Freikirche auf ihren Mitgliedern, die wiederum repräsentativen Gremien und Verantwortungsträgern die Verwaltung und Leitung der Kirche übertragen. Die Adventisten sind eine weltweite Freikirche, wobei die Ortsgemeinden eines bestimmten geographischen Gebietes in einer „Vereinigung“ zusammengefasst sind. Die Vereinigungen unterstehen „Verbänden“, in anderen Ländern auch „Unionen“ genannt. Auf kontinentaler Ebene sind die Verbände in „Divisionen“ zusammengefasst, die als geographische Abteilungen zur Generalkonferenz gehören. Das höchste Organ der weltweiten Freikirche ist die alle fünf Jahre tagende Generalkonferenz-Vollversammlung (Weltsynode). Zur letzten Weltsynode im Juni/Juli 2010 kamen über 2.200 Delegierte aus rund 200 Ländern nach Atlanta, Georgia/USA.
Im Jahr 2009 habe der geschäftsführende Ausschuss der nordamerikanischen Adventisten beschlossen, sich dafür einzusetzen, das Thema der Rolle von Frauen als Geistliche auf die Tagesordnung der Weltsynode in Atlanta zu bringen, teilte Pastor Jackson mit. Doch das sei nicht gelungen. Eine Umfrage bei den 13 „Divisionen“ habe gezeigt, dass nur drei von ihnen für eine Veränderung der aktuellen Handhabung, Frauen nicht zum Pastorendienst zu ordinieren, offen seien. Acht Divisionsleitungen meinten, ein solcher Schritt würde sich negativ auf die Mitglieder in ihrem Gebiet auswirken. Zwei weitere Divisionen hätten sich anscheinend nicht dazu geäussert. Aus Rücksicht auf die acht Divisionen, die eine „Untergrabung der Einheit der Kirche“ in ihren Gebieten befürchteten, habe der Generalkonferenz-Ausschuss das Thema nicht in die Agenda der Weltsynode aufgenommen, obwohl viele darauf hingewiesen hätten, dass sich einiges innerhalb der letzten zehn Jahre verändert habe. „Obwohl wir unseren Pastorinnen das Versprechen gaben, uns für sie einzusetzen“, sei es nicht möglich gewesen, das Thema auf Weltebene erneut zu diskutieren, bedauerte Jackson. Deshalb habe der nordamerikanische Kirchenausschuss sich jetzt selbst dieser Thematik angenommen und einen konkreten Beschluss gefasst, um Frauen an Leitungsaufgaben mehr zu beteiligen.
In Nordamerika gibt es über 1,12 Millionen erwachsen getaufte Siebenten-Tags-Adventisten in 4.893 Gemeinden. Sie werden von 2.936 ordinierten und 548 nicht ordinierten Geistlichen betreut.