Auch in Deutschland sei ein Unfall oder Sabotageakt in einem Atomkraftwerk keine Frage der Möglichkeit, sondern nur eine Frage der Zeit. Diese Sorge brachte die Vorsitzende der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), die evangelisch-methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner (Frankfurt am Main), aufgrund des Erdbebens in Japan und der Havarie des Atomkraftwerks Fukushima in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Ausdruck.
Die Freikirchen forderten die Regierungschefin auf, „ein sogenanntes ‚Restrisiko‘ nicht länger in Kauf zu nehmen, alle schon abgeschalteten Atommeiler nicht wieder ans Netz zu schliessen und für die restlichen Atomkraftwerke alle Möglichkeiten zu einem schnellstmöglichen Ausstieg zu prüfen und zu nutzen.“ Bischöfin Wenner wies darauf hin, dass der nach jüdisch-christlichem Menschenbild gültige Auftrag, die Erde zu beherrschen auch „das demütige Anerkennen menschlicher Grenzen“ einschliesse.
Neben der Bereitschaft, den eigenen Lebensstil zu ändern und die Kirchengemeinden zu ermutigen, aus diesen Geschehnissen Konsequenzen zu ziehen, sichern die Vertreter der VEF der Bundeskanzlerin ihre volle Unterstützung zu, „in Verantwortung vor Gott und den Menschen die Position zur Energiepolitik grundlegend zu überprüfen“. Dazu gehöre auch, „deutschlandweit nach vorher festgelegten Sicherheitskriterien nach einem Endlager für radioaktiven Müll zu suchen, um den grösstmöglichen Schutz vor Verstrahlung zu erhalten, sowie den ökologisch und ethisch sinnvollen Ausbau regenerativer Energien mit aller Kraft zu unterstützen“.
Auch der Vorsitzende der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, Pastor Günther Machel (Ostfildern bei Stuttgart), hatte in einer Stellungnahme nach der Naturkatastrophe in Japan betont, dass es gelte, die Grenzen der Machbarkeit zu erkennen und mit Gottes Schöpfung verantwortlich umzugehen. Es stelle sich auch in Deutschland die Frage, „ob wir um des Wohlstandes willen jegliches Risiko eingehen wollen“. Das gelte insbesondere für die Atomenergie. „Wir müssen in Deutschland über die Laufzeiten unserer Kernkraftwerke reden und erneut Entscheidungen treffen.“ Aber auch jeder Einzelne trage Verantwortung für den Umgang mit der Schöpfung und könne daher seinen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten, hob der Freikirchenleiter hervor.