„Suchtprävention hat die Aufgabe, Nichtkonsumenten von Suchtmitteln und Menschen ohne Suchtverhalten zu stärken, Risikokonsumenten und Menschen mit Suchtverhalten frühzeitig zu erkennen, zur Konsumeinschränkung oder zur Konsumaufgabe und zur Verhaltensänderung zu motivieren.“ So definiert Professor Dr. med. Lothar Schmidt (Berlin) diesen Begriff in seinem Artikel „Suchtprävention“ in der Zeitschrift „Dialog“ der Theologischen Hochschule der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Friedensau bei Magdeburg. Es gehe deshalb um die Förderung individueller Verhaltenskompetenzen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, aber auch um entsprechende Fortbildung von Bezugspersonen, die sich um Kinder und Jugendliche kümmerten.
Die wichtigsten Arbeitsfelder für Suchtprävention seien die Ursprungsfamilie, Einrichtungen für Kinder, die Schule sowie der Ausbildungs- und Arbeitsplatz, so Schmidt. „Das Elternhaus ist der Lernort Nummer 1.“ Viele Kinder erlebten ihre erste Alkoholerfahrung im Elternhaus. Da Kinder im Kindergarten, in Kindertagesstätten und Kinderheimen von Erwachsenen betreut würden, seien diese zu schulen, die Kinder zu positivem Verhalten anzuleiten. In der Schule gehörten neben sachlichen Informationen zur Suchtproblematik Hilfen zur Persönlichkeitsreifung, beispielsweise ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln und mit belastenden Gefühlen sinnvoll umzugehen.
Viele Betriebe hätten laut Professor Schmidt erkannt, dass zur Ausbildung nicht nur die Vermittlung von fachlichem Wissen und berufsspezifischen Erfahrungen, sondern auch Gesundheitserziehung gehöre. Bei diesen Informationen sollten nicht die negativen Folgen des Drogenmissbrauchs im Vordergrund stehen, sondern die Vorteile eines drogenfreien Lebens. Vorgesetzte müssten geschult werden, geeignete Schritte im Umgang mit suchtkranken und suchtgefährdeten Mitarbeitern durchzuführen und sie zu motivieren, Hilfen zur Verhaltensänderung anzunehmen. Auch der Staat habe zahlreiche Möglichkeiten, auf Risiken einzuwirken, die zur Entwicklung von Drogenabhängigkeit, von Suchtverhalten und den daraus entstehenden Folgen führten, so Schmidt in seinem Artikel. Das gelte vor allem auch für den Konsum legaler Drogen und das pathologische Glücksspiel. Eine entsprechend einschränkende Gesetzgebung gerate jedoch stets in das Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen.
Professor Dr. Lothar Schmidt feierte im Februar seinen 90. Geburtstag. Eine Berliner Tageszeitung nannte ihn, der sich seit mehr als 60 Jahren mit der Krankheit Alkoholismus beschäftigt, den „deutschen Alkoholpapst“. Der Siebenten-Tags-Adventist ist einer der Pioniere der Anonymen Alkoholiker in Deutschland, Mitbegründer des Fachverbandes Sucht und Autor von Standardwerken zum Thema Alkoholismus. Noch als 90-Jähriger ist er unermüdlich zu Vorträgen unterwegs. An der Theologischen Hochschule Friedensau leitet er das Institut für Sucht- und Abhängigkeitsfragen und ist Lehrbeauftragter für Sozialmedizin im Fachbereich Christliches Sozialwesen.
Schmidt studierte an der Humboldt-Universität Berlin Medizin und erstritt Anfang der 1960er Jahre die ersten Krankenhausbetten für Alkoholabhängige. Später half er beim Aufbau der Suchtklinik „Haus Niedersachsen“ des Advent-Wohlfahrtswerkes in Dedelstorf-Oerrel bei Wolfsburg, deren Chefarzt er auch war. Dort entwickelte er das damals revolutionäre 12-Wochen-Therapiekonzept, das er mit einem Therapeutenteam erfolgreich umsetzte.